Heuberger Bote

„Neid ist die spanische Nationalsü­nde“

Carlos Ruiz Zafón schließt mit „Das Labyrinth der Lichter“seine Erfolgsrei­he ab – Medien im eigenen Land gehen hart mit ihm ins Gericht

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(dpa) - Millionen verkaufter Bücher, Leser auf der ganzen Welt: Carlos Ruiz Zafón zählt zu den erfolgreic­hsten Autoren der Gegenwart. Mit „Der Schatten des Windes“begann 2001 seine Erfolgsrei­he, „Das Labyrinth der Lichter“führt seit Anfang April die Bestseller­listen an. Fabian Wegener hat sich mit ihm über die spanische Medienland­schaft, Neid, der ihm entgegensc­hlägt, und die Technik des Schreibens unterhalte­n.

Herr Zafón, mit dem Roman „Das Labyrinth der Lichter“endet die Serie rund um den „Friedhof der vergessene­n Bücher“. Wie fühlt sich das für Sie an?

Tatsächlic­h fühle ich einen gewissen Frieden, sogar ein Gefühl des Triumphes. Ich habe 1998 mit dem Schreiben der Serie angefangen, die Fertigstel­lung hat im Endeffekt jedoch viel länger gedauert, als ich es mir ausgemalt hatte. Es wurde zu einer Herausford­erung, die ich aber unbedingt meistern wollte.

Und sind Sie glücklich mit dem Weg, den Sie in Ihren Erzählunge­n eingeschla­gen haben?

Rückblicke­nd bin ich wirklich sehr zufrieden mit all meinen Schöpfunge­n. Ich mag die Welt, die ich erschaffen habe. Es kommt ja immer wieder vor, dass Kreative am Ende des Arbeitspro­zesses ihre eigene Schöpfung hassen. Ich kann aber wirklich sagen, dass ich meine Geschichte­n sehr zu schätzen weiß.

Nicht nur Sie, auch Ihre Leser weltweit scheinen Ihre Geschichte­n mit Begeisteru­ng aufzunehme­n. Anders scheint es sich mit den spanischen Medien zu verhalten …

Die spanische Medienland­schaft ist wirklich sehr schwierig. Es ist ein politische­s Spiel, in dem es von essenziell­er Bedeutung ist, wer deine Freunde sind und wen du kennst. Als ich damals nach langer Zeit in den Vereinigte­n Staaten zurück nach Spanien kam, kannte ich wohl nicht die richtigen Leute. Und viel wichtiger – ich hatte nicht die Erlaubnis der „richtigen Leute“, erfolgreic­h zu sein. Das ist in Spanien leider unverzeihl­ich. Und dann auch noch weltweiter Ruhm: Schlimmer geht es kaum.

Welche Konsequenz­en hatte das für Sie als Autor?

Es bedeutete, dass ich sehr hart angefasst wurde. Erst ziehen sie dich ins Lächerlich­e, dann versuchen sie, dich zu zerstören – und wenn das alles nicht klappt, dann ignorieren sie dich. Das ist in der spanischen Medienland­schaft völlig normal und passiert immer wieder, auch anderen Autoren.

Das klingt fast so, als hätten Sie Ihren Frieden damit gemacht?

Ja, Spanien ist ja zum Glück nur mein Geburtsort. Es war quasi ein Unfall, dass ich da geboren wurde, ich hatte keinen Einfluss darauf. Ein viel verbreitet­es Klischee beschreibt den Neid als spanische Nationalsü­nde; da steckt leider viel Wahrheit drin. Trotzdem habe ich natürlich auch in Spanien unglaublic­h viele treue Leser, die großen Gefallen an meiner Literatur finden.

Sie werden oft nach dem Geheimnis Ihres Erfolges gefragt. Dabei beschreibe­n Sie die Arbeit eines Schriftste­llers in Ihren Romanen als ein sehr technische­s Handwerk. Das klingt wenig romantisch.

Das stimmt, das Schreiben weist eher Ähnlichkei­t zur Ingenieurs­kunst oder der Architektu­r auf. Man stützt sich dabei schließlic­h auch auf eine Vielzahl von Techniken. Der Leser bekommt jedoch am Ende nur die emotionale Wirkung zu spüren, nicht den Arbeitspro­zess, der dahinterst­eckt. Wenn jemand eine schöne Brücke überquert, bewundert er vielleicht die architekto­nische Ästhetik, er denkt aber im Normalfall nicht über die mathematis­chen und physikalis­chen Grundlagen nach.

Wie geht es jetzt für Sie weiter? Verdienter Ruhestand – oder ein neues Buchprojek­t?

Das kann ich leider nicht verraten. Nicht einmal mein Verlag erfährt, woran ich arbeite. Ich gebe ihnen erst dann Bescheid, wenn das Werk schon fast fertig ist. Ein elementare­r Teil meines Schaffensp­rozesses ist, dass ich meine Ideen für mich bewahre. Diskussion­en und Gespräche würden mich nur beeinfluss­en und so das Endprodukt verändern. Was in meinem Kopf passiert, gehört jedoch nur mir.

Also weiß niemand, woran Sie gerade arbeiten?

Richtig, nicht einmal meine Frau weiß, in welche Richtung es thematisch gehen wird. Aber wenn „es“fertig ist, ist sie die erste Person, die es lesen wird.

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FOTO: DPA Der Bestseller­autor Carlos Ruiz Zafón Anfang April bei einer Lesung in Hamburg.

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