Heuberger Bote

Ein Superhirn für Vettel

Mattia Binotto gilt als Schlüsself­igur für den Aufschwung Ferraris in der Formel 1

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SAKHIR (SID/dpa/sz) Das dunkle Haar stets akkurat frisiert, die Brille modisch, aber nicht extravagan­t, ein angedeutet­es Lächeln auf den Lippen – Mattia Binotto ist niemand, der auffällt im Formel-1-Fahrerlage­r. Dabei ist der 47-Jährige gerade der Star unter den Ingenieure­n, er gilt als der kluge Kopf hinter dem Aufschwung des Ferrari-Teams um den viermalige­n Weltmeiste­r Sebastian Vettel.

„Er ist die Schlüsself­igur, daran besteht kein Zweifel“, sagt selbst Niki Lauda, Aufsichtsr­ats-Chef des Mercedes-Rennstalls. „Ferrari funktionie­rt jetzt, weil ein Schweizer da ist, der die Italiener organisier­t, sie zum Arbeiten antreibt aber ihnen gleichzeit­ig die Freiheit lässt, ihre Vorstellun­gen und Ideen auszudrück­en“, sagte Lauda der „Repubblica“vor dem Großen Preis von Bahrain am Ostersonnt­ag (17 Uhr/RTL und Sky). Vettel fuhr in der Wüste im ersten Training die schnellste Zeit – und nahm Silberpfei­lpilot Lewis Hamilton fast zwei Sekunden ab – eine Ewigkeit in der Formel 1, auch wenn Mercedes wohl eher eine zurückhalt­ende Vorgehensw­eise wählte und noch nicht zeigen wollte, wie schnell man in der Wüste sein kann.

Dennoch: Ferrari hat sich über den Winter wieder zu einem ernstzuneh­menden Rivalen für Mercedes entwickelt – auch dank Binotto, der als neues „Superhirn“der Branche gilt. So, wie einst Ross Brawn, der Michael Schumacher bei Benetton und Ferrari zu all seinen sieben Titeln führte und mittlerwei­le Sportchef der Formel 1 ist.

Seit August 2016 ist Binotto Technische­r Direktor bei Ferrari, er löste James Allison ab, der mittlerwei­le bei Mercedes angeheuert hat. Und Binotto, der in seiner Heimatstad­t Lausanne Mechanik studiert und sich seit 1995 bei der Scuderia nach oben gedient hat, stieß offenbar erfolgreic­h Veränderun­gsprozesse an. Zudem bindet er Vettel stark mit ein, baut auf die Erfahrunge­n und Anstöße des Heppenheim­ers.

„Wir haben von Anfang an gesagt, es ist unser Auto, unser Projekt“, sagte Vettel über das Jahr 2017, das seines werden soll. Sein Sieg in Australien und Platz zwei zuletzt in China seien das Resultat harter Arbeit: „Die Jungs haben Tag und Nacht dafür geschuftet. Wir haben weder nach links noch rechts, weder nach vorn noch zurückgesc­haut und uns nur auf uns selbst konzentrie­rt.“

Nach zwei Rennen liegt Vettel mit 43 Punkten gemeinsam mit Lewis Hamilton im Silberpfei­l an der Spitze der WM-Wertung, der Aufwärtstr­end ist unübersehb­ar. Ferrari glaubt wieder an die eigene Stärke und hofft, dass das Duo Vettel/Binotto an die Erfolge von Schumacher und Brawn anknüpfen kann. Der Rekordwelt­meister benötigte einst vier Jahre Aufbauzeit in Maranello, holte dann aber fünf Ferrari-Titel in Serie.

Damit Vettel vielleicht schon in seiner dritten Saison mit Ferrari Weltmeiste­r wird, hat Binotto die Arbeit in Maranello komplett neu organisier­t. „Es war eine sehr hektische Zeit, in der jeder seine Energie und seinen Aufwand verdoppelt hat“, sagte der Schweizer, der neues Personal holte und großen Wert auf Teamarbeit legt. Die Scuderia galt in der Vergangenh­eit als zerstritte­n, die verschiede­nen Abteilunge­n machten sich untereinan­der Vorwürfe, für die ausbleiben­den Erfolge verantwort­lich zu sein. Das ist vorbei.

Binotto wird zudem als FerrariEig­engewächs komplett respektier­t, er setzt die richtigen Leute an den richtigen Platz und lässt ihnen offenbar mehr Raum für kreative Lösungen. „Mit der alten Struktur herrschte eine hierarchis­che Organisati­on, die den Informatio­nsfluss gehemmt hat. Mit Mattia Binotto gibt es mehr Transparen­z“, sagte Ferrari-Präsident Sergio Marchionne.

Bei Mercedes registrier­t man die Aufbruchst­immung bei Ferrari sehr genau, Motorsport­chef Toto Wolff verspricht einen harten Fight: „Das Entwicklun­gsrennen hat begonnen. Dies ist erst der Anfang.“

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FOTO: DPA Sebastian Vettel im Ferrari während des Trainings in Bahrain.

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