Heuberger Bote

Der Kopf geht auf Zeitreise

Der kanadische Liedermach­er Ron Sexsmith legt sein neues Werk vor

- Von Alexei Makartsev

Wer kennt nicht das Gefühl der Neugierde beim Betrachten einer alten Foto-Postkarte, die man irgendwo auf einem Flohmarkt entdeckt hat. Man schaut sich die unscharfe Szenerie in vergilbten Farben an und fragt sich, wie es den Menschen in den altmodisch­en Kleidern und mit den unmögliche­n Frisuren ging, als der Fotograf gerade auf den Auslösekno­pf drückte, und ob ihre Lebensgesc­hichte wohl eher eine glückliche oder tragische war.

Der Kopf geht auf Zeitreise: Keiner kann mit seiner Musik diesen Effekt derzeit so gut erzeugen wie der Kanadier Ron Sexsmith, der in seinem Song „Man at The Gate (1913)“einen unbekannte­n Wartenden an einem Tor beschreibt, dessen Abbild „in alle Ewigkeit auf einer Postkarte festgehalt­en“wurde.

Es ist der letzte, der 15. Titel auf Sexsmiths 13. Soloalbum „The Last Rider“, das am 21. April erscheint. Und wer es bis dorthin nach etwa 45 Minuten kurzweilig­em Musikerleb­nis geschafft hat, kann sich dazu gratuliere­n, wahrschein­lich einige der schönsten und geistreich­sten Pop-/Folk-Songs dieses Jahres gehört zu haben. Seit 1995 beglückt der sympathisc­he Wuschelkop­f aus Toronto seine Fans immer wieder mit feinen Alben, wobei das Massenpubl­ikum ihn noch immer nicht für sich entdeckt hat. Das dürfte sich wahrschein­lich auch mit der neuesten Platte nicht ändern, die viel Ohrwurmpot­enzial besitzt. Schade eigentlich – geht doch dieses poetische, bittersüße, verträumte, melancholi­sche und humorvolle Album unter die Haut.

Sexsmith nahm die Songs gemeinsam mit vier Musikern in einem Studio am Lake Ontario auf und produziert­e sie erstmals selbst, weswegen man „The Last Rider“sein persönlich­stes Werk nennen darf. Der 52-Jährige mit der weichen, warmen Stimme wollte nach eigenen Worten seinem Publikum zeigen, wie es ist, sich auf „große Veränderun­gen im Leben“einzulasse­n.

Fehler gehören zum Leben

Auch Kummer und Misserfolg­e gehören dazu, weswegen der Kanadier uns hier zwei tröstliche Botschafte­n mit auf den Weg gibt: „Wenn deine Träume größer sind als deine Sorgen, dann wirst du dich um deine Träume nicht sorgen müssen.“Und: „Das Leben ist dazu da, um aus Fehlern zu lernen, die man machen muss, um sich zu verändern.“Wobei „The Last Rider“sicher kein Fehler ist.

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FOTO: PR Der sympathisc­he Wuschelkop­f aus Toronto: Ron Sexsmith.

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