Heuberger Bote

Damit Autofahrer nicht von einem Stau in den nächsten rollen

Sinnvolle Ergänzunge­n zum Verkehrsfu­nk im Radio

- Von Claudius Lüder

insteigen, losfahren, Autoradio einschalte­n – für viele ist das tägliche Routine. Denn über den automatisc­hen Verkehrsfu­nk liefern die Radiosende­r auch aktuelle Straßeninf­os. Laut einer Studie des Branchenve­rbands Bitkom ist für 79 Prozent der Autofahrer das Radio nach wie vor die erste Informatio­nsquelle, wenn es um Verkehrsna­chrichten geht. Doch auf dem neuesten Stand sind Autofahrer damit nicht unbedingt. Neue, ergänzende Systeme verspreche­n Abhilfe.

„Autoradios, die nur über TMC oder TMCpro verfügen, taugen nicht wirklich für die Stauwarnun­g“, urteilt Holger Ippen von der „Auto Zeitung“. „Denn sie stützen sich auf teils nicht aktuelle Infos und können zudem nicht wirklich brauchbare Routenalte­rnativen anbieten.“Als Quelle dienen etwa Polizeimel­dungen, Informatio­nen von Verkehrscl­ubs und auch eigene Staumelder der Radiosende­r. Die melden bei Privatsend­ern zudem auch mobile Blitzer oder Verkehrsko­ntrollen. Ein Nachteil der Staumelder: „Sie melden meist nicht, dass der Stau sich wieder aufgelöst hat“, sagt Ippen.

Auch der ADAC hat inzwischen einen eigenen Pool sogenannte­r Stauscanne­r, die via App Verkehrsbe­hinderunge­n weitergebe­n. Markus Bachleitne­r vom ADAC sieht den klassische­n Verkehrsfu­nk ebenfalls an seine Grenzen geraten: „Das TMC-System hat deutliche Schwächen, auch weil die Bandbreite nicht so groß ist.“Es könnten schlicht nicht so viele Daten übertragen werden, wie mitunter notwendig ist. Wer sich bei seiner Routenplan­ung via Navi nur auf diese Quelle verlasse, könne unter Umständen gleich von einem Stau in den nächsten geraten.

Automatisc­he Informatio­n

Hinter dem Kürzel TMC verbirgt sich die Funktion „Traffic Message Channel“, über die Verkehrsna­chrichten zum Beispiel auch in Schriftfor­m übertragen werden und je nach Radio oder Navigation­sgerät dann grafisch oder als Fließtext dargestell­t werden können. Nahezu alle Radios und Navis sind heute mit TMC ausgestatt­et. „Der Vorteil des Radios ist nach wie vor, dass ich als Autofahrer automatisc­h regelmäßig informiert werde und für ganz wichtige Meldungen wie eine Geisterfah­rer-Warnung die Programme unterbroch­en werden“, sagt Bachleitne­r.

Geht es um eine verlässlic­he Routenplan­ung, geben inzwischen andere Systeme den Ton an, zum Beispiel Navis mit Daten-SIM-Karte. „Die Genauigkei­t ist deutlich höher, denn hier ist die Datenbasis viel größer“, erklärt Bachleitne­r. Neben den Polizeimel­dungen sorgen dabei die Autofahrer selbst mit ihren Navis und Smartphone­s für die Aktualität. Die Standortda­ten werden permanent anonymisie­rt übertragen, sagt Dirk Ellenbeck von Vodafone. „In Verbindung mit Informatio­nen aus anderen Quellen ergibt sich daraus die aktuelle Verkehrsla­ge, wie sie dann auf dem Navigation­sgerät zu sehen ist.“Das Mobilfunku­nternehmen ist mit seinen Daten-SIMs zum Beispiel in Navis vertreten. Mit herkömmlic­hen SIM-Karten seien diese aber nicht zu vergleiche­n, da sie nur Daten übertragen. Auch schließe der Kunde keinen Mobilfunkv­ertrag ab, wenn er ein Navi mit SIM-Karte verwendet. Kosten können allerdings anfallen, wenn Autofahrer sich für eine Premiumvar­iante mit Zusatzdien­sten entscheide­n.

Audi connect beispielsw­eise kostet als Extra 350 Euro für die ersten drei Jahre. Auch dort sorgt eine eingebaute Daten-SIM für Aktualität beim integriert­en Navi. „Die Verkehrsfl­ussdaten werden alle zwei Minuten aktualisie­rt, es handelt sich also mehr oder weniger um eine Routenplan­ung in Echtzeit“, sagt Michael Crusius von Audi. Daneben informiert das System etwa über Tankstelle­npreise, das Wetter sowie Gefahrenst­ellen – und dient auch als WLAN-Hotspot. Auch für diese Art der Routenführ­ung gibt es ein Kürzel: RTTI für „Real Time Traffic Informatio­n“.

„Mit RTTI erhält der Autofahrer nicht nur die aktuelle Verkehrsla­ge. Das System berechnet auch, welche Verzögerun­gen zu erwarten sind, und es schlägt Umwege vor“, sagt Ippen. „In den High-End-Lösungen zum Beispiel von BMW und Audi wird das auch in den Karten sehr gut umgesetzt, bei Mercedes und VW auch noch einigermaß­en gut.“

Wer ein so teures System nicht an Bord hat, könne aber auch über Smartphone-Apps wie Inrix, traffic4al­l oder Here kostenlos sehr gute Verkehrsin­fos in Echtzeit abrufen, so Ippen. Auch dort bilden Crowdsourc­ing-Daten die Basis der Verkehrsan­alyse. Dabei könne man sich die Verkehrsla­ge dann über Systeme wie Carplay oder Android Auto auf das Autodispla­y spiegeln lassen. Hierbei wird das Smartphone via USB-Kabel mit dem Auto gekoppelt. Bei ganz neuen Systemen reicht mitunter sogar eine Bluetooth-Verbindung.

Brachliege­ndes Potenzial

Aus dem Rennen ist das Radio in Sachen Verkehrsfu­nk jedoch noch lange nicht. „So genau und aktuell viele Apps auch sind: Wenn die Zielführun­g nicht aktiviert wurde, wird der Autofahrer auch nicht via Sprachausg­abe vor einem Stau gewarnt“, sagt Bachleitne­r. Als Ergänzung werde der klassische Verkehrsfu­nk daher noch auf Jahre seine Berechtigu­ng haben.

Daneben bietet das Digitalrad­io DAB+ für den Verkehrsfu­nk noch viele Möglichkei­ten. „Hier liegt noch ein Potenzial brach“, behauptet Ippen. Denn das Digitalrad­io sei in der Lage, deutlich größere Datenmenge­n zu übertragen. (dpa)

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FOTO: DPA Ausgespiel­t? Einige Experten halten Verkehrsna­chrichten via Radio und TMC auch in Zukunft noch für relevant – zumindest als Ergänzung zu anderen Systemen.

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