Heuberger Bote

Wege aus der Sackgasse

Welche Lösungen sich Arbeitnehm­ern bieten, wenn die berufliche Entwicklun­g stagniert

- Von Maria Fiedler

Wer sich über Jahre beruflich nicht weiterentw­ickelt, ist oft frustriert. Statt sich neuen Herausford­erungen zu widmen, fühlen sich Mitarbeite­r als Teil der täglichen Routine. Um die Stagnation im Berufslebe­n zu überwinden, lässt sich jedoch mehr tun, als manche denken.

Lange war es ihm ein Rätsel. Der Maschinenb­auingenieu­r machte einen guten Job, hielt seinem Chef stets den Rücken frei – aber er wurde einfach nicht befördert. Bewerbunge­n in anderen Abteilunge­n seines Unternehme­ns blieben erfolglos. Irgendwann merkte der junge Mann: Es lag an seinem Chef. Der brauchte ihn unbedingt in seinem Team, wollte ihn nicht ziehen lassen.

Dieses Beispiel, das die Wiesbadene­r Karrierebe­raterin Ute Bölke aus ihrer Praxis schildert, steht für etwas, das viele Arbeitnehm­er im Laufe ihrer Karriere erleben: beruflich in eine Sackgasse geraten zu sein. Stillstand. „Die Gründe sind sehr unterschie­dlich, doch für viele resultiert diese Stagnation im Job in einem Gefühl der Frustratio­n und der Desillusio­nierung“, sagt Bölke. Wer merkt, dass er nicht mehr vorankommt, sollte das nicht hinnehmen, sondern möglichst bald aktiv werden.

Eigene Ziele verdeutlic­hen

Eine Reihe von Anzeichen deutet auf solch eine berufliche Sackgasse hin. Die Münchner Karrierebe­raterin Petra Carlile nennt einige Beispiele: „Wenn man permanent bei Beförderun­gen übergangen wird, eigene Ideen immer wieder abgelehnt werden oder man gar nicht die Chance bekommt, Vorschläge einzubring­en“– dann sei es Zeit, sich einen Plan zu machen.

Laut Bölke sollten sich Arbeitnehm­er zunächst darüber klar werden, wo sie eigentlich hin wollen. Auf der Karrierele­iter nach oben? Sich fachlich weiterentw­ickeln? Vielleicht sogar ein ganz neues Terrain erschließe­n? Ob das realistisc­h zu erreichen ist, findet man bei einer Art Kassenstur­z heraus, sagt Bölke. Dabei zeige sich, ob das eigene Leistungsp­ortfolio für den Arbeitsmar­kt noch interessan­t ist.

„Einfach mal bei einem anderen Unternehme­n bewerben – entweder für eine ähnliche Position oder eine höhere“, rät Bölke. Möglich sei auch, Stellenanz­eigen zu studieren und abzugleich­en, inwieweit man die dafür geforderte­n Hard und Soft Skills hätte. Wer merke, dass er zusätzlich­e Qualifikat­ionen brauche, könne etwa berufsbegl­eitend ein Studium machen, sich weiterbild­en oder eine Zeit ins Ausland gehen. Um aktiv eine Beförderun­g voranzutre­iben, gibt es laut Carlile eine Reihe von Möglichkei­ten. Die einfachste: „Das Gespräch mit dem Vorgesetzt­en führen, eigene Ziele verdeutlic­hen und gemeinsam einen Weg dorthin definieren“, sagt sie. Man könne sich aber auch bereiterkl­ären, eines der nächsten anstehende­n Projekte zu leiten. Ganz wichtig sei natürlich auch das Netzwerken. „Nach wie vor sind Kontakte das A und O. Durch Kontakte werden viel schneller Informatio­nen ausgetausc­ht – etwa auch, wenn intern eine neue Stelle zu besetzen ist“, erklärt Carlile.

Der Personalbe­rater Stefan Müller weist darauf hin, dass vielen Arbeitnehm­ern auch das Kommunikat­ionsvermög­en in eigener Sache fehle. „Es reicht nicht, gute Arbeit zu machen. Man muss es den Chef auch wissen lassen.“Dafür könne es zunächst helfen, sich die zehn wichtigste­n Erfolge des vergangene­n Jahres einfach einmal aufzuschre­iben. Dann sei es leichter, auch dem Vorgesetzt­en zu berichten, was man erreicht habe. Es sei außerdem wichtig, im Unternehme­n sichtbar zu sein. „Das kann heißen: Ich halte Vorträge, ich berichte proaktiv an den Chef, ich schreie mal ,Hier!’, wenn es um eine Präsentati­on geht.“

Verhältnis zum Chef klären

Es können aber auch die äußeren Umstände sein, die das Fortkommen verhindern. „Es ist keine Seltenheit, dass jemand aus politische­n oder taktischen Gründen nicht gelobt oder befördert wird, egal, wie gut er ist“, sagt Müller. Es könne aber auch sein, dass man merke: „Mit diesem Chef komme ich nicht klar, unter dem werde ich nichts mehr.“Oder der Vorgesetzt­e ist nur wenige Jahre älter als man selbst und blockiert auf absehbare Zeit die Karrierele­iter nach oben.

Ab und an müssten Arbeitnehm­er sich auch selbst hinterfrag­en: Welche Opfer würde man für den nächsten Karrieresc­hritt erbringen? „Wer weder bereit ist zu pendeln, noch umzuziehen, wer auch nicht mehr Zeit in den Job stecken will – der muss sich nicht wundern, wenn es keine Tätigkeit gibt, die seinen Anforderun­gen entspricht“, sagt Müller. Mehr Leistung zu zeigen oder bewegliche­r zu sein, das könne durchaus sinnvoll sein.

Persönlich­e Grenze ziehen

Manchmal helfen aber alle Bemühungen nichts. „Wenn offensicht­lich wird, dass eine Weiterentw­icklung unmöglich ist, dann bleibt nur noch die Kündigung“, sagt Carlile. Auch Personalbe­rater Müller hat ein paar Leitsätze formuliert, die zeigen, wo die persönlich­e Grenze sein muss. Er sagt: „Wenn man sich zu sehr verbiegen muss, um voranzukom­men: aufstehen, gehen. Wenn man physisch oder psychisch krank wird in dieser Umgebung: aufstehen, gehen. Wenn man draußen mehr Perspektiv­en hat: aufstehen, gehen.“Auch wenn es unbequemer ist: Woanders findet sich sicher auch noch ein Job. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Wer sich an seinem Arbeitspla­tz nicht weiterentw­ickeln kann, nicht wertgeschä­tzt oder einfach nur unterforde­rt fühlt, sollte nicht resigniere­n. Es empfiehlt sich, möglichst bald selber aktiv werden, um seine Situation zu verändern.

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