Heuberger Bote

Erdogans willige Sympathisa­nten

- Von Christoph Plate

Wer sind diese Türken in Deutschlan­d, die für eine Verfassung­sänderung im Land ihrer Väter gestimmt haben? Es waren erschrecke­nd viele, die aus sicherer Entfernung in Hamburg oder in Stuttgart einem Staatsumba­u zugestimmt haben, der den Weg in eine Erdogan-Diktatur ebnet, die Rechte des Parlaments beschneide­t und die Bürger zu Stimmvieh degradiert.

Angeblich gab es unter den in Deutschlan­d lebenden Türken eine Wahlbeteil­igung von lediglich 50 Prozent. Nicht umsonst hatten deutsche Sicherheit­sbehörden Erdogan-Gegner gewarnt, zur Abstimmung in die Konsulate zu gehen, da man dort nicht für ihre Sicherheit würde garantiere­n können. Von jenen, die abstimmten, haben gut 60 Prozent für eine Verfassung­sänderung votiert. Es ist also grob gerechnet ein Viertel der in Deutschlan­d ansässigen Türken, die für die Machtvergr­ößerung eines Präsidente­n gestimmt haben, der Bundeskanz­lerin Merkel Nazimethod­en vorwirft, der Opposition­elle ins Gefängnis steckt, dessen Geheimdien­st auf deutschem Boden nicht nur Gülen-Anhänger, sondern auch Bundestags­abgeordnet­e auskundsch­aften lässt. Die deutsche Neigung zum Generalver­dacht – in diesem Fall gegen alles, was irgendwie türkisch wirkt – sollte durch diese Zahlen etwas gebremst werden.

Viele Erdogan-Anhänger hierzuland­e kennen die Türkei nur von Ferienaufe­nthalten. Dass gerade viele junge Türken in Deutschlan­d für diesen Staatschef sind, hat weniger mit Ignoranz gegenüber den harten türkischen Realitäten zu tun als mit verletztem Stolz. Wohl die wenigsten haben eine Ahnung davon, dass es die politische­n Freiheiten, die sie hier selbstvers­tändlich genießen, in ihrem Sehnsuchts­land gar nicht gibt.

Dass da irgendetwa­s nicht funktionie­rt, hat mit der Vermittlun­g jener Werte von Rechtsstaa­tlichkeit und Gewaltentr­ennung, für die Deutschlan­d steht, war selten so offensicht­lich wie jetzt. Und der Mann aus Ankara macht sich diese Fehler zunutze. Jene, die mit friedliche­n und demokratis­chen Mitteln gegen Erdogan wirken, brauchen jetzt Unterstütz­ung.

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