Grandioses Karfreitags-Konzert
Die „Passions-Cantate“von Goffried August Homilius ist in der Martin-Luther-Kirche erklungen
- In der gut besuchten Trossinger Martin-Luther-Kirche erklang die „Passions-Cantate“von Gottfried August Homilius aus dem Jahr 1775. Lang anhaltender Beifall belohnte die Kantorei, die vier hochkarätigen Solisten und das Ensemble „ecco la musica“.
„Wacht, wacht und betet alle“, ruft Tenor Joachim Streckfuß die Jünger an, denn „die Mörder kommen schon!“An Spannung fehlt es nicht in der „Passions-Poesie“des Leipziger Universitätsdozenten Ernst August Buschmann. Der 31-teilige Text war seine letzte Arbeit: Er starb in dem Jahr, als das Werk in Leipzig „in voller Partitur“gedruckt wurde.
Fast wie zwei „Tatorte“wirken die Plätze des dramatischen Geschehens um den Kreuzigungstod von Jesus: zunächst der Garten Gethsemane, dann der Hügel Golgatha außerhalb von Jerusalem. „Die Himmel flieh’n, die Wetter Gottes droh’n“beschreibt der 1983 in Tuttlingen geborene Tenor die Situation und fordert, von den Streichern kräftig unterstützt, „Erde, zage!“
Direkt an Gott wendet sich die berührend flehentliche Alt-Stimme von Johanna Rademacher: „Ach, er stirbt, Dein Sohn. Er betet, sinkt in Staub, er blutet schon.“Nach einem der perfekt intonierten Zwischenspiele des 17-köpfigen Ensembles ergreift Bariton Richard Logiewa in der Rolle des Manns „voll Schmerzen“selbst das Wort und bestätigt gottergeben „Mein Vater, Deinen Willen tu ich gerne“. Diese Arie ist im 6/8-Takt gehalten, der Bariton wird kongenial von einem Bläser begleitet.
Tief beeindrucktes Publikum
Mit klarer Aussprache bringt sich Catherina Witting, Absolventin der Musikhochschule Trossingen, in das Geschehen ein und verlangt „Ein Engel kömmt, dass er gestärkt werde!“Mit strahlendem Koloratursopran singt sie in hoffnungsfrohem A-Dur „… mein ganzes Herz freut sich …“. Auch Wittings verzweifelte Frage „Barbaren, kann Euch denn zum Mitleid nichts bewegen?“beeindruckt die Zuhörer zutiefst.
Dem Komponisten war es gelungen, durch raffinierte Lautmalerei, durch ausgeklügelte Wechsel zwischen Chor und Choral, Arie und Rezitativ, den Spannungsbogen über die ganzen rund hundert Minuten der Kantate aufrecht zu erhalten. Eindeutig zu Unrecht geriet Homilius in Vergessenheit. Die Trossinger Aufführung von „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“fügt sich bestens in die seit einigen Jahren erfolgende „Renaissance“der Werke des Dresdner Kreuzkantors ein.
Kantorin Esther Holl war auf ihrer Suche nach nicht alltäglichen Werken auf die Kantate gestoßen und hatte sie mit der traditionsreichen Trossinger Kantorei über Monate einstudiert. Am Freitag dirigiert sie sicher, oft nur mit der linken Hand, dafür mit ausdrucksstarker Mimik. Der Chor folgt, mal unisono, dann wieder in Kanonform. Niedergeschlagen in der Prophezeiung Ezechiels „… wie können wir denn leben?“, mit bewundernswert hohen Tönen im Zitat aus dem Johannesbrief, strahlend im Psalm 130, 7-8, und voller Zuversicht im Choral „Nun weiß ich, worauf ich bau‘ … wenn gleich alle Höllenpein auf mich schießt und blitzet“.