Ein neues Wunder muss her
Bayern München benötigt im Rückspiel bei Real eine nie dagewesene Aufholjagd
– Es muss her: Ein Fußballwunder. Nicht weniger als das. Und dafür brauchen die Bayern mindestens zwei Tore. Bei Real Madrid. Vor über 90 000 Fans im Estadio Santiago Bernabéu. Nach einem 1:2 im Viertelfinalhinspiel vor sechs Tagen. Könnte die Aufgabe schwieriger sein? Wohl nicht.
„Es ist sicherlich kein Spiel wie jedes andere. Hier geht es um wahnsinnig viel, ob man es noch schafft, ins Halbfinale zu kommen“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge am Ostermontag vor dem Abflug nach Madrid und bemühte das vielzitierte Bayern-Gen: „Die Mannschaft hat einen tollen Charakter, und Bayern München ist ja ein bisschen berühmt-berüchtigt dafür, dass man in solche Spiele mit einem außergewöhnlich großen Willen reingeht.“
Elfmal sind die Bayern im Tempel der Königlichen im Norden der spanischen Hauptstadt bisher angetreten. Lediglich zweimal konnte man mindestens zwei Treffer erzielen – beim 2:3 im Jahr 2007 und beim 4:2 in der Zwischenrunde der ChampionsLeague-Saison 1999/2000. Es wäre das einzige der bisherigen elf Ergebnisse, die diesmal ein Weiterkommen ermöglichen würde. Was für eine Aufgabe also am Dienstag ab 20.45 Uhr (Sky). Noch mehr Fakten für die Einstufung zur „Kategorie Wunder“: Lediglich zwei der bisherigen elf Gastbesuche im Bernabéu konnte Bayern gewinnen. Neben dem 4:2 noch das Halbfinal-Rückspiel 2001 (mit 1:0). Und noch ein Anti-Mutmacher – Verzeihung, Bayern-Fans – vor dem Anpfiff: Nicht mehr als zweimal konnte eine Mannschaft nach einer Heimniederlage in der K.o.-Phase der Königsklasse noch die nächste Runde erreichen. 1996 Ajax Amsterdam nach einem 0:1 zu Hause mit einem 3:0 bei Panathinaikos Athen. Im Achtelfinale 2011 erwischte es die Bayern selbst: Auf das 1:0 bei Inter Mailand folgte in der Allianz Arena mit einem 2:3 das Aus.
Okay, Schluss mit traurig. Pessimismus adé. „Wir müssen das Ding mit Selbstbewusstsein in die Hand nehmen, unser Spiel machen in Madrid“, forderte Arjen Robben. Thomas Müller sagte: „Wir können Real auch im Rückspiel in Probleme bringen. Egal wer spielt, wir werden eine starke Truppe auf dem Platz haben.“Werden sie. Javi Martínez ist zwar gesperrt und Mats Hummels (Bänderverletzung im Sprunggelenk) dürfte, obwohl er am Abschlusstraining teilnahm, ausfallen. Besser sieht es bei Jérôme Boateng (kleiner Adduktoreneinriss) für die Innenverteidigung aus. Boateng könnte mit David Alaba die zentrale Abwehr bilden – Schlüsselduelle gegen Cristiano Ronaldo und Karim Benzema.
Lewandowski wieder fit
Am wichtigsten: Torjäger Robert Lewandowski meldete sich nach seiner Schulterprellung und zwei Spielen Pause fit.
Es muss eine nie dagewesene Aufholjagd her. Und am Ende wollen die die Bayern im Bernabéu, um einen Begriff aus der Jagd zu bemühen, zum „Halali“blasen, zum erfolgreichen Ende der Jagd. Wie passend, schließlich ist „¡Hala Madrid!“(„Auf geht's, Madrid!“) Anfeuerungsruf der Real-Fans und die offizielle Vereinshymne. „Wir brauchen ein super Spiel, und wir brauchen auch Glück“, sagte Rummenigge und gab die Losung aus: „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“Die „Mission impossible“könnte zum einmaligen Triumphzug werden, zum größten Comeback der Bayernhistorie seit 1988. Seit dem „Wunder von Mailand“, dem 3:1 bei Inter nach einem 0:2 im Hinspiel in München. Die Partie vom Dienstag soll man künftig unter „Wunder von Madrid“googeln können.
Aus der jüngeren Vergangenheit gut in Erinnerung: Das 6:1 im Viertelfinale 2015 gegen den FC Porto nach einem 1:3 auswärts. Jedoch auf heimischem Grund.
Das 0:0 vom Ostersamstag in der Bundesliga bei Bayer Leverkusen war lediglich hinsichtlich der Chancenverwertung schmerzhaft, vor allem bei mehr als 30 Minuten Überzahl nach Gelb-Rot für Leverkusens Tin Jedvaj. Müller, der Lewandowski-Ersatz im Sturmzentrum, bezeichnete sie als „fatal“und schimpfte: „Wenn du kein Tor schießt, kannst du auch nicht gewinnen. Ich bin stinkig, weil wir kein Tor geschossen haben.“Gegen Real stürmt ja wieder Lewandowski. Fürs Wunder.
Ein Ausscheiden der Bayern im Viertelfinale nach zuletzt fünf Halbfinalteilnahmen in Serie wäre auch für Trainer Carlo Ancelotti ein herber Rückschlag.
„Die erste Chance am Dienstag muss ein Tor sein“, forderte Robben. Na, dann mal los.