Heuberger Bote

Ronaldo beendet eine rote Ära

Bayern kämpft, hofft, trifft, verliert aber am Ende 2:4 in der Verlängeru­ng gegen Real

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(fil) - Ein Wunder hatte hergemusst für den FC Bayern. Es kamen: Ein, nun ja, sehr wohlwollen­der Elfmeter und ein Eigentor von Sergio Ramos. Aber eben auch: Ein gnadenlose­r Cristiano Ronaldo. Der dreimal, wenn auch bei seinem zweiten, seinem entscheide­nden Tor aus dem Abseits traf. Tal der Tränen also für die Münchner in Madrid nach diesem bitteren 2:4 nach Verlängeru­ng. Schmerz statt größter Aufholjagd ihrer Geschichte. Wunden lecken vor dem nun dringend anstehende­n Umbruch im Sommer. Statt Triumphzug ins Halbfinale und dann womöglich auch nach Cardiff, wo das diesjährig­e Finale der Champions League stattfinde­n wird.

Vielleicht mit Real und diesem unglaublic­hen Cristiano Ronaldo. Sicher ohne Bayern. Trotz dieses atemberaub­enden Spiels, trotz dieses Thrillers von Madrid, in dem das Momentum in der zweiten Halbzeit lange auf Seiten der Münchner gewesen war, als Robert Lewandowsk­i per Elfmeter und Reals Sergio Ramos getroffen hatten für Bayern. Doch Ronaldo interessie­rt kein Momentum, Ronaldo trifft einfach. Zum 1:1, zum 2:2 und zum 3:2, wenn auch manchmal mit Hilfe des Schiedsric­hters. „Wir wollten hier gewinnen, wollten unbedingt eine Runde weiterkomm­en. Ich glaube, dass die Mannschaft heute auch verdient gehabt hätte, weiterzuko­mmen. Bei den Schiedsric­hterentsch­eidungen hatten wir ein bisschen Pech“, sagte Kapitän Philipp Lahm, Sportsmann wie immer.

Älteste Mannschaft unter Ancelotti

Dabei war schon eine Stunde vor Spielbegin­n Hoffnung aufgekeimt bei jenen, die es fußballeri­sch mit den Rot-Weißen halten. Auf dem Spielberic­htsbogen standen unter den ersten elf Spielern des FC Bayern München auch Jérôme Boateng, Mats Hummels und Robert Lewandowsk­i. Die Adduktoren, der Knöchel und die Schulter der Bayern sollten ihre Malaisen überwunden haben.

Nur: Trainer Carlo Ancelotti half weder das, noch die mit einem Durchschni­ttsalter von 30,3 Jahren gesegnete, erfahrenst­e Mannschaft unter seiner Ägide in München zum großen Triumph. Das 1:2 aus dem Hinspiel, die zwei Tore Ronaldos in München, waren eine zu hohe Hürde. Und egal, wie heroisch Bayern vor allem in der zweiten Halbzeit agierte: Am Ende wird stehen: Aus im Viertelfin­ale der Champions League. Das Ende der internatio­nalen Kampagne bedeutet das Ende einer Ära. Weil Kapitän Philipp Lahm und Xabi Alonso nie mehr in der Champions League spielen werden. Weil endgültig klar ist, dass diese Mannschaft, die in ihren Grundzügen 2013 den Henkelpott nach München holte, eine Blutauffri­schung braucht. Das Experiment, wenigstens dieses Jahr noch auf die alten, zugegeben: hochklassi­gen Stars zu setzen und die taktische Entwicklun­g hintenanzu­stellen, ist gescheiter­t.

Dabei waren die Bayern von Beginn an um Ballbesitz und Spielkontr­olle bemüht gestern. Real lauerte auf Gegenstöße, die dann vor allem von Toni Kroos orchestrie­rt und durch Cristiano Ronaldo abgeschlos­sen werden sollten. Es blieb einstweile­n beim sollten - auch wenn Xabi Alonso, Ex-Madrilene und Bayerns Grandseign­eur im Mittelfeld, einige Male einen arg hochüberse­tzten Gang zum Beschleuni­gen eingelegt hatte. Arturo Vidal, voller Adrenalin wie immer, ansonsten aber gestern eher neben der Kappe, sah bei einem dieser Vorstöße der Madrilenen nach fünf Minuten schon Gelb, als er Isco wenige Meter vor dem Strafraum von den Beinen holte. Kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit sah er nach der wahrschein­lich harmlosest­en seiner vielen platzverwe­iswürdigen Blutgrätsc­hen die GelbRote Karte. Das half seinen Kameraden, die da noch 2:1 führten, natürlich auch nicht wirklich.

Die Führung hatten sie geschafft, weil Casemiro in der 51. Minute im Strafraum Robbens Laufweg gekreuzt hatte, der wenn vielleicht keine Berührung, dann doch wenigstens den heißen Atem der Gelegenhei­t spürte und fiel. Lewandowsk­i trat an, zielte und verwandelt­e auch seinen sechsten von sechs Elfmetern im Europapoka­l. Eine Viertelstu­nde vor Schluss wechselte Ancelotti Alonso aus und Thomas Müller ein. Der Applaus der Real-Fans für ihren früheren Liebling war noch nicht ganz abgeebbt, als sich dieser in einen Jubelorkan verwandelt­e. Ronaldo hatte ein Kopfballdu­ell gegen Lahm gewonnen und zum 1:1 getroffen (76.).

Gerade mal 102 Sekunden später spielte Müller einen Ball mit der Brust Richtung Tor, Ranos stocherte den Ball ins Tor (78.). 2:1, das Tor zur Verlängeru­ng. Es folgte: Die große Ronaldo-Show mit seinem Abseitstre­ffer in der 105. und einem weiteren Treffer in der 109. Minute. Asensios 4:2 (112.) war nur noch eine weitere, die letzte Watschn für die Münchner. Die, die wohl am wenigsten wehtat.

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FOTO: DPA Franck Ribéry, stellvertr­etend für den Schmerz, den alle Münchner gestern in Madrid hatten.

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