Arlbergtunnel wird bis Oktober gesperrt
Die 14 Kilometer lange Röhre wird sicherheitstechnisch für 160 Millionen Euro aufgerüstet
BREGENZ - Der knapp 14 Kilometer lange Arlbergstraßentunnel wird nochmals für fast eine halbes Jahr gesperrt. Ab Montag, 24. April, ist es so weit. Grund ist der Ausbau der Sicherheitseinrichtungen. Während Pkw ohne Anhänger generell über die alte Passroute ausweichen dürfen, ist die Lage bei Lkw komplexer. Speditionen, die nicht im ArlbergUmfeld aktiv sind, müssen ihre Fahrer großräumig ausweichen lassen und so längere Fahrtstrecken in Kauf nehmen. Nötig geworden sind die Arbeiten durch die EU-Tunnelrichtlinie von 2004. Sie war seinerzeit eine Reaktion auf die Katastrophen im Tauern- und Montblanctunnel des Jahres 1999.
Vom Bodenseeraum und dem südlichen Oberschwaben aus gesehen ist der Arlbergtunnel seit seiner Inbetriebnahme 1978 eine der wichtigsten Verbindungen in den Süden. Sein Ausbau hat 2008 angefangen. Seinerzeit wurden acht Verbindungsstollen zur parallel verlaufenden Eisenbahnröhre ausgebrochen. Sie sollen als Fluchtwege dienen. Ohne sie wären Menschen im Unglücksfall im Straßentunnel gefangen, weil er mit seinen beiden Fahrbahnen nur aus einer Röhre besteht. Sechs Jahre später startete die zweite Bauphase. Hierfür war 2015 für ein halbes Jahr eine erste Vollsperrung nötig geworden. Die österreichische Autobahnbetreibergesellschaft Asfinag investiert für die gegenwärtigen Arbeiten rund 160 Millionen Euro. Dies sei „die größte Investition in einen bestehenden Tunnel in unserem gesamten Netz“, sagt Gernot Brandtner, Geschäftsführer der Asfinag Bau Management GmbH.
Thermoscanner für Lkw
Die zwischen Vorarlberg und Tirol gelegene Arlberg-Röhre ist der längste Straßentunnel Österreichs. Die sicherheitstechnische Aufrüstung umfasst verschiedene Maßnahmen. Bereits im Einsatz ist ein Thermoscanner für Lkw. Aufgestellt an den jeweiligen Tunnelportalen soll er vor der Einfahrt von Lastwagen ermitteln, ob es an ihnen eine ungewöhnliche Wärmeentwicklung gibt. Sie würde im Zweifelsfall eine Brandgefahr bedeuten. Feuer ist mit das Dramatischste, das sich Sicherheitsexperten in Tunnels vorstellen können. Bei den Tunnelkatastrophen von 1999 zeigte sich dies auf schockierende Art und Weise. Am 24. März ist der Montblanctunnel zwischen Italien und Frankreich Ort der Tragödie. Eine glühende Zigarettenkippe entzündet einen mit Mehl und Magarine beladenen Lastwagen. Das Feuer kann erst nach 24 Stunden gelöscht werden. 39 Menschen sterben bei diesem Unglück. Knapp zwei Monate später kommt es im österreichischen Tauerntunnel zu einem Auffahrunfall. Ein Lkw mit Lackfarben explodiert. 16 Stunden lang brennt das Feuer. Zwölf Menschen kommen um.
Um für entsprechende Unglücke gerüstet zu sein, lässt die Asfinag auch eine HochdrucksprühnebelAnlage installieren. Durch sie sollen Brände sofort bekämpft werden können. Es werden zudem weitere Fluchtwege in den Zuluftkanal oberhalb der Röhre gebaut. Von dort ist es Schutzsuchenden möglich, die Verbindungsstollen zum Eisenbahntunnel zu erreichen. Desweiteren dient ein Mikrofonnetz in der Röhre dazu, ungewöhnliche Geräusche zu erkennen und an die Tunnelwarte weiterzuleiten. Hinzu kommt noch die Installation einiger Tausend LEDLeuchten zur Orientierung unter der Erde. „Der Arlbergtunnel erhält die im Moment modernste Sicherheitsausstattung“, betont der verantwortliche Asfinag-Manager Brandtner.
Die Asfinag-Leitung zeigt sich mit dem Fortgang der Arbeiten zufrieden. Eine erneute Herausforderung sei jedoch die Vollsperre, meint Stefan Siegele, Geschäftsführer der Asfinag Alpenstraßen GmbH. Sie soll erst am 2. Oktober wieder aufgehoben werden. Da täglich aber rund 8000 Fahrzeuge den Tunnel benutzen, muss es bis dahin Alternativen geben. „Wir haben wieder alles unternommen, damit es in der Zeit der Sperre zu keinen langen Staus oder Zeitverzögerungen kommen wird“, berichtet Siegele. Bei der ersten Sperrung vor zwei Jahren hatte die Asfinag mit ihren Maßnahmen durchaus eine glückliche Hand. Die alte Straße über den 1793 Meter hohen Pass war leicht modifiziert worden, damit dort der Pkw-Verkehr leichter durchkommt. Da dort inzwischen hinter dem Wintersportort Stuben ein weiterer Ausbau fertig geworden ist, dürfte sich die Situation sogar verbessert haben.
Wetter kein Problem
Die gegenwärtige Wetterlage wird bei der Asfinag entspannt gesehen. Im Bergland sei Schneefall im April schließlich normal. Selbst im Sommer könne die Paßhöhe vereinzelt schneebedeckt sein. Ein Verschieben der Tunnelsperre sei nicht in der Diskussion. Wer über den Pass fahren wolle, müsse eben bei winterlichen Verhältnissen auch winterlich ausgerüstet sein.
Im Allgemeinen bittet die Asfinag aber darum, den Arlberg das kommende halbe Jahr nach Möglichkeit zu umfahren – etwa über den Fernpass. Entsprechende Hinweise durch Schilder wird es auch auf deutschen Autobahnen geben – so auf der A 96 und A 7 bei Memmingen. Speziell Speditionen und die Fahrer von PkwGespannen sollen sich demnach rechtzeitig informieren, ob sie mit ihren Fahrzeugen überhaupt den Arlbergpass queren dürfen.