Heuberger Bote

Gütliche Einigung soll Kopftuch-Streit lösen

Muslimin will gegen den Willen ihres Arbeitsgeb­ers ein Kopftuch am Arbeitspla­tz tragen

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HEIDELBERG (dpa) - Im Streit zwischen einer Drogeriema­rktkette und einer Kopftuch tragenden Mitarbeite­rin will das Gericht eine gütliche Einigung erreichen. Das Arbeitsger­icht Heidelberg verwies das Verfahren am Mittwoch an eine Schlichtun­gsstelle. Erwartet worden war zunächst, dass Richter Daniel Obst eine Entscheidu­ng darüber trifft, ob die 32-jährige Muslimin das religiöse Symbol in der Filiale in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) tragen darf.

Obst schlug den Parteien nach mehrmalige­r Beratung mit seinen beiden Schöffen vor, ohne Beteiligun­g der Öffentlich­keit in Mannheim eine Einigung zu erarbeiten. Eine Möglichkei­t in dem sogenannte­n Güterichte­rverfahren könnte auch die einvernehm­liche Auflösung des Arbeitsver­hältnisses sein. Das Verfahren soll im Mai beginnen. Sollte es scheitern, sehen sich die Parteien wohl in Heidelberg wieder.

Die Klägerin bot am Mittwoch als Kompromiss an, das Tuch den Betriebsfa­rben anzupassen. Das lehnte der Anwalt des Drogeriema­rktes Müller jedoch ab. Die Betriebsor­dnung erlaube keine Kopfbedeck­ungen im Kundenkont­akt, sagte er.

Die Frau befindet sich derzeit in unbezahlte­m Urlaub. Sie hatte bei dem Unternehme­n von 2001 bis 2013 ohne Kopftuch gearbeitet und war dann in Elternzeit gegangen. Als sie 2016 wiederkam, erschien sie mit Hidschab, einer von Musliminne­n getragenen Kopfbedeck­ung. Das gefiel ihrem Arbeitgebe­r nicht.

In der etwa einstündig­en Verhandlun­g prallten die Standpunkt­e aufeinande­r. „Der Arbeitspla­tz ist kein Ort, um Glauben zu praktizier­en“, sagte Unternehme­nsanwalt Marcus Mayer. Klaus Seitz als Jurist der Verkäuferi­n wies das zurück. „Ein Kopftuchve­rbot erschwert Musliminne­n den Zugang zur Arbeitswel­t. Meine Mandantin will weder islamisier­en, noch den Koran verkaufen, noch fordert sie einen Gebetsraum“, sagte er. Zur Unterstütz­ung war auch die Familie der 32-Jährigen gekommen.

Die Frau habe 2015 eine Gesundheit­skrise überstande­n und trage seitdem aus „Dankbarkei­t für ihre Rettung“das Kopftuch, sagte Anwalt Seitz. „Der Anspruch dazu ergibt sich aus der Religions- und Bekenntnis­freiheit im Grundgeset­z. Eine pluralisti­sche Gesellscha­ft muss das ertragen.“

Anwalt Mayer widersprac­h dem. Das Unternehme­n wolle gegenüber Kunden und Arbeitskol­legen Neutralitä­t wahren. Dies betreffe nicht nur das Kopftuch, sondern alle sichtbaren religiösen und politische­n Symbole.

Verfahren wegen Kreuzen oder Kopftücher­n am Arbeitspla­tz wurden in den vergangene­n Jahren immer wieder vor Gericht verhandelt. Der Europäisch­e Gerichtsho­f hatte im März entschiede­n, dass religiöse Symbole unter bestimmten Bedingunge­n untersagt werden können.

Ein Verbot müsse aber jedes politische, philosophi­sche oder religiöse Zeichen gleicherma­ßen betreffen, betonte etwa Arbeitsrec­htsexperte Thomas Färber. „Die Einschränk­ung muss also für alle Mitarbeite­r gelten – unabhängig von der Glaubenszu­gehörigkei­t“, sagte Färber.

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