Damit der Garten summt und brummt
Ratgeber der Landschaftsarchitektin Simone Kern aus Argenbühl im Allgäu ist Jahressieger 2017
LEUTKIRCH - Die Überraschung war perfekt: Bei der Verleihung des Deutschen Gartenbuchpreises auf Schloss Dennenlohe, Landkreis Ansbach, stand auch Simone Kern aus Argenbühl im württembergischen Allgäu plötzlich im Rampenlicht. Ihr Buch „Mein Garten summt!“wurde in der Kategorie „Bester EinsteigerRatgeber“zum Sieger des Jahres 2017 gekürt. Die Landschaftsarchitektin konnte mit ihrem engagierten Plädoyer für mehr Insektenschutz in heimischen Gärten die Jury überzeugen.
Die meisten Insekten genießen nicht allzu viel Sympathie bei uns Menschen, von der fleißigen Honigbiene oder den bunten Schmetterlingen einmal abgesehen. Ameisenstraßen auf der Terrasse, Fruchtfliegen in der Küche, Wespen unter den Dachziegeln – das wollen wir überhaupt nicht und versuchen deshalb, die Plagegeister loszuwerden. Damit haben wir es auch schon recht weit gebracht, wie sich unschwer an den Windschutzscheiben der Autos feststellen lässt. Darauf kleben heutzutage nach einer längeren Autofahrt in der warmen Jahreszeit längst nicht mehr so viele tote Insekten wie früher. Das mögen manche als Arbeitserleichterung begrüßen, weil sie nicht mehr so viel putzen müssen. Aber das ist gedankenlos. Denn Insekten sind als Teil der Nahrungskette unverzichtbar.
Wie in der Natur alles wohl geordnet ineinandergreift, wie Pflanzen und letztlich auch die Menschen von den kleinen Lebewesen abhängig sind, das schildert die Autorin in ihrem Ratgeber sehr anschaulich. Ein Beispiel für dieses vernetzte System: Am Anfang steht ein blühender Kirschbaum. Die Pollen dieser Blüten werden von Bienen geerntet, da sie diese für ihre Brut benötigen. Zugleich werden die Blüten bestäubt und befruchtet. Wenn dann das Wetter mitspielt, kann der Gartenbesitzer viele Kirschen ernten. Die Insekten auf dem Kirschbaum sind wiederum Nahrung für die Vögel. Vögel aber sind nicht nur reizende Musikanten, sondern auch ein feines Futter für Allesfresser wie etwa den Marder. Wenn dieser das Zeitliche segnet, wird er von Maden und Ameisen verspeist und entsorgt. Sterben die Insekten, so führen sie dem Erdreich wertvolle Stoffe für die Bodenfruchtbarkeit zu.
Stört der Mensch, wird es eng
Stört der Mensch den natürlichen Kreislauf, etwa durch immer stärkere Beanspruchung der Landschaft und damit eine Dezimierung des Futterangebots für Wildtiere, durch unbedachten Einsatz von Pestiziden, intensive Landwirtschaft oder Luftverschmutzung, dann wird es eng – auch für Insekten. So gelten 80 Prozent der Tagfalter in der Bundesrepublik als gefährdet. In Nordrhein-Westfalen werden seit 2001 Insekten untersucht und gezählt. Ein Ergebnis nach 15 Jahren: Im Großraum Krefeld sind mehr als 60 Prozent der dort ansässigen Hummelarten ausgestorben. Die gesamte Biomasse an Fluginsekten ist um 80 Prozent zurückgegangen.
Dieses Dilemma beschäftigt die Autorin schon längere Zeit. Sie ist in Coburg aufgewachsen, hat als Kind aber immer die Sommerferien im Allgäu verbracht und eine vielfältige Natur kennengelernt. Nach Gartenbaulehre und dem Studium der Landschaftsarchitektur in Weihenstephan hat sie sich im Allgäu, in Argenbühl, niedergelassen, ein Büro aufgebaut und dabei auch die Veränderungen in der Umgebung wahrgenommen. „Heute gibt es mehr Blüten, Insekten und Vögel in den Städten als in der freien Landschaft.“Zehn Jahre lang beobachtete sie mit wachen Augen diese Entwicklung, bevor sie sich dann vor eineinhalb Jahren ans Werk machte. Entstanden ist ein Praxisbuch, das zum einen die Bedeutung der Insekten sehr eindringlich schildert, zum anderen aber Gartenbesitzern Tipps und Anregungen für die Anlage und Pflege eines möglichst naturnahen Gartens gibt. Eine Erste Hilfe für bedrohte Tierarten.