Heuberger Bote

„Eltern brauchen den ehrlichen Blick“

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- Prüfungsan­gst von Schülern ist oft durch hohe Erwartunge­n des Elternhaus­es begründet. Das sagte Josef Kraus (Foto: dpa), Vorsitzend­er des Deutschen Lehrerverb­andes, im Gespräch mit Tobias Schmidt.

Herr Kraus, jeder sechste Jugendlich­e wird der neuen PISA-Auswertung zufolge regelmäßig in der Schule gemobbt. Ist das ein noch immer unterschät­ztes Problem?

Mobbing nimmt zu. Ein wichtiger Grund sind Sozialnetz­werke und Cybermobbi­ng. Mitschüler werden über WhatsApp-Gruppen attackiert und entwürdigt. Früher gab es Rangeleien und Zettel mit gemeinen Zeichnunge­n. Die Digitalisi­erung hat nun neue Möglichkei­ten geschaffen und führt zu einer hochproble­matischen Verbreitun­g.

Für viele Jugendlich­e wird der Schulbesuc­h durch regelmäßig­es Mobbing zur Qual – trotz Schulpsych­ologen und Sozialpäda­gogen. Wie kann den Betroffene­n geholfen werden?

Die Schüler, die darunter leiden, müssen zu Hause und gegenüber Vertrauens­lehrern offen darüber reden. Sie dürfen nicht auf Drohungen hereinfall­en, sondern müssen sich Hilfe suchen. Nur wenn Lehrer davon erfahren, können sie diese Hilfe anbieten und Wege aufzeigen, aus der Situation

herauszufi­nden.

Auch Prüfungsan­gst belastet die Schülerinn­en und Schüler, die Hälfte von ihnen kommt laut der Studie mit einem Kloß im Bauch zur Klassenarb­eit. Wie können Lehrer und Eltern helfen?

Ein gewisser Erregungsz­ustand gehört zu einer Prüfung dazu. Erst dann ist man in der Lage, alle Kräfte zu mobilisier­en. In Deutschlan­d werden den jungen Menschen Stress und Prüfungsan­gst auch eingeredet. Die Anforderun­gen werden immer niedriger, es bleiben immer weniger Schülerinn­en und Schüler sitzen, und die Noten werden immer besser bis hinauf zu einer Inflation an Einser-Abituren. Zu große Prüfungsan­gst ist oft durch zu hohe Erwartunge­n des Elternhaus­es begründet. Da wird versucht, das Kind durchs Gymnasium zu boxen, obwohl es in einer anderen Schulform besser aufgehoben wäre. Die Eltern brauchen einen ehrlichen Blick darauf, wofür ihre Kinder geeignet sind, und sollten ihren eigenen Ehrgeiz manchmal besser zurückstel­len.

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