Mäßig bezahlt, aber doch zufrieden
22 Prozent der Soloselbstständigen erzielen weniger als 1000 Euro brutto pro Monat
BERLIN - Viele sogenannte Soloselbstständige müssen mit niedrigen Verdiensten zurechtkommen. Gut 22 Prozent dieser Beschäftigten erzielen weniger als 1000 Euro brutto pro Monat, obwohl sie Vollzeit arbeiten. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Gewerkschaft Verdi und des Arbeitssoziologen Hans Pongratz von der Universität München.
Soloselbstständige bieten ihre Dienste alleine an – sie haben keine Angestellten oder Mitarbeiter. Während die Zahl beispielsweise der Handwerker, Architekten oder Anwälte, die Arbeitnehmer beschäftigen, bei etwa 1,8 Millionen relativ konstant bleibt, hat sich die Menge der Alleinunternehmer während der vergangenen 25 Jahre fast verdoppelt. Sie liegt bei 2,2 Millionen. Wegen der guten Wirtschaftsentwicklung ging die Zahl in den letzten Jahren leicht zurück.
Diskussion um Mindesthonorare
Neben den 22 Prozent unter 1000 Euro gaben weitere 32 Prozent an, zwischen 1000 und 2000 Euro brutto monatlich zu erwirtschaften. 22 Prozent lagen zwischen 2000 und 3000 Euro, 19 Prozent darüber. Die Industriegewerkschaft Metall nannte für 2014 knapp 1500 Euro monatlich als durchschnittliches Nettoeinkommen von Soloselbstständigen. Allerdings gibt es auch eine relativ schmale Schicht von Alleinunternehmern, die zwischen 5000 und 10 000 Euro oder mehr verdienen, unter anderem selbstständige Unternehmensberater.
In der Verdi-Umfrage sagte ein Drittel der Teilnehmer, dass sie ihre selbstständige Beschäftigung mit einer Angestellten-Tätigkeit kombinierten. Eine Motivation könnten die geringen Verdienste beim freiberuflichen Arbeiten sein. Andererseits stützen sich manche Beschäftigte auf einen festen Job, damit sie sich Kreativität, Freiheit und Sinnstiftung beim selbstständigen Arbeiten leisten können. Dazu passt, dass die „bekundete Arbeitszufriedenheit erstaunlich hoch“sei, wie Pongratz schreibt.
Verdi wollte mit der Umfrage erfahren, was Freiberuflern auf den Nägeln brennt. Fast 60 Prozent sagten, dass ihr größtes Problem darin liege, „regelmäßige und ausreichende Einnahmen zu erzielen“. 45 Prozent fanden es schwierig, sich für „Krankheit, Alter und Auftragslosigkeit abzusichern“. Die Befragten wünschten sich Verbesserungen auf politischer Ebene. Erstens geht es dabei um eine höhere Bezahlung. Selbstständige können den gesetzlichen Mindestlohn nicht einklagen, weil dieser nur für Arbeitnehmer gilt. Verdi und IG Metall diskutieren deshalb darüber, ob es auch gesetzliche Mindesthonorare geben sollte.
Zudem läuft eine Debatte über eine Sozialversicherung für Selbstständige. Ärzte, Anwälte, Architekten und andere freie Berufe können in spezielle Versorgungswerke einzahlen, die die Altersicherung übernehmen. Für gutverdienende Selbstständige ist es außerdem kein Problem, eine private Krankenversicherung abzuschließen. Viele Soloselbstständige stoßen aber hier an Grenzen. Sie verdienen so wenig, dass sie sich Prämien für eine freiwillige Rentenversicherung nicht leisten wollen, weil sie schon die Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung kaum finanzieren können. Verdi fordert, dass Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung zu Bedingungen einbezogen werden, die ihren Einkommensverhältnissen angemessen sind.
Von rund 30 000 selbstständigen Verdi-Mitgliedern haben an der Umfrage 834 Personen teilgenommen, etwa 40 Prozent Frauen, 60 Prozent Männer.