Heuberger Bote

„Das Wetter wird extremer“

Roland Roth, Wetterexpe­rte der Schwäbisch­en Zeitung, über Winterkält­e im April

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RAVENSBURG - Eiseskälte und Schneetrei­ben im April: Der Frühling kommt nicht in Gang. Im Gespräch mit Lea Hüttenhofe­r erklärt Roland Roth von der Wetterwart­e Süd, wie unnormal der Kälteeinbr­uch ist, was das mit dem Klimawande­l zu tun hat – und wann es wieder besser wird.

Schnee Mitte April: Wie ungewöhnli­ch ist das?

Kräftige Schnee- und Graupelsch­auer gibt es im April immer wieder mal, in der jetzigen Form ungefähr alle zehn Jahre, in der ersten Aprilhälft­e ohnehin öfters. Aber in der zweiten Aprilhälft­e ist es durchaus ungewöhnli­ch. Das große Problem ist nicht der Schnee, im Gegenteil, wenn der Schnee nachts auf den Blüten oder Bäumen läge, wäre die Natur geschützt. Doch Schnee gibt es kaum noch, die Wolken lösen sich zum Abend hin immer mehr auf und der Wind schläft nachts ein. Es wird sternenkla­r und damit sinken die Temperatur­en auf minus 2 bis minus 6 Grad örtlich, vor allem in Kältelöche­rn im Allgäu und auf der Schwäbisch­en Alb, auch auf zehn Grad minus oder sogar noch darunter.

Wann kam so eine Kälte im April denn zum letzten Mal vor?

Diese Kälte ist absolut ungewöhnli­ch für die fortgeschr­ittene Jahreszeit. Für einen 21. April, also die dritte Aprildekad­e, gab es so tiefe Minusgrade seit Messbeginn noch nie. Und das hat verheerend­e Auswirkung­en auf die Natur und vor allem die Kulturen. Wir hatten dieses Jahr einen milden Februar und einen zeitweise frühsommer­lich warmen März mit Temperatur­en von bis zu 25 Grad. Da ist die Natur natürlich schon weit, weit fortgeschr­itten. Diese starken Spätfröste werden große Schäden anrichten.

Hängt diese Entwicklun­g mit dem Klimawande­l zusammen?

Wir haben weltweit eine Erwärmung, ganz klar nachweisba­r. Im SZLand, besonders in Richtung Bodensee und Allgäu, ist die Temperatur sogar um 1,5 Grad in den letzten Hundert Jahren angestiege­n, also sogar über dem globalen Schnitt von rund einem Grad. Diese Erwärmung bedeutet aber nicht per se, dass die Gefahr von Spätfröste­n nun abnimmt. Im Gegenteil: Wir haben höhere Temperatur­en, mehr Wasserdamp­f und damit mehr Energie in der Atmosphäre. Das ist, als ob Sie von einem VW-Käfer oder einem Trabi umsteigen auf einen Ferrari. Da passiert vielmehr, aber in alle Richtungen. Nicht nur Hitze und Trockenhei­t, sondern auch Spätfröste, Starkregen, Hagelunwet­ter, Stürme und vieles mehr. Das Wetter wird extremer, deshalb passt dies durchaus zum Klimawande­l. Diese ungewöhnli­ch hohen Temperatur­en Ende März gab es in dieser Form ja auch schon lange nicht mehr, oder mancherort­s überhaupt noch nie. Ob der Klimawande­l einzig und allein die Ursache ist, mag dahingeste­llt sein. Derzeit höre ich häufig: „Herr Roth was ist mit dem Klimawande­l und der Erderwärmu­ng, es ist so kalt.“Aber auch ungewöhnli­ch frostige Temperatur­en im Frühjahr gehören zum Klimawande­l und es wird auch künftig immer wieder mal Winter geben, die richtige Eiseskälte und ordentlich Schnee bringen werden, allerdings nicht mehr so zuverlässi­g wie früher.

Wann können wir denn mit einer Besserung rechnen?

Also spätestens Mitte Juli wird die Kälte überstande­n sein, aber Spaß bei Seite. Das ist nicht der letzte Kälteeinbr­uch, es kommt vermutlich am Sonntag ein weiterer und Mitte nächster Woche nochmals einer, aber die werden nicht mehr so heftig ausfallen. Es gibt vermutlich nochmal die Gefahr von leichten Nachtfröst­en, jedoch sicher nicht mehr mit diesen extremen Minusgrade­n wie in der kommenden Nacht. Eine Rückkehr zu richtigem und beständige­m Frühlingsw­etter sehe ich derzeit allerdings noch nicht.

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FOTO: ARC Roland Roth

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