Heuberger Bote

Seele des Klaviers schwingt immer mit

Hermann Kaufmann ist seit 42 Jahren Klavierbau­er und Ausbilder

- Von Gisela Spreng

- Einer der mit Leib und Seele dem Klavierbau verfallen ist, Hermann Kaufmann, verrät nach 42 Jahren Berufserfa­hrung, dass er es immer noch mit viel Herzblut macht: Klaviere und Flügel bauen und junge Leute dafür ausbilden. Warum? Hört man ihm gut zu, dann trifft man immer wieder auf das Wort „Seele“– die Seele des Instrument­s, die Seele der Klangfarbe, die Seele der Intonation.

So wenig man die Seele des Menschen definieren kann, so wenig kann der 58-Jährige ganz genau sagen, was diese Seele ausmacht. Aber ungemein wichtig sei sie allemal und gehöre zum Charakter jedes Unikats, das unter seiner Ägide entstehe.

Dabei ist der Nusplinger, der jeden Tag zur Arbeit nach Spaichinge­n zur Pianoforte­fabrik Sauter fährt, eher auf Umwegen zum Pianobau gekommen. Bei acht Kindern in der Familie sei es seinen Eltern wichtig gewesen, dass Sohn Hermann als Handwerker schnell Geld verdienen sollte. Weil er Klarinette und Saxofon spielen konnte, wollte er Holzblasin­strumenten­bauer werden. Er fand bei der Ebinger Firma Jehle, einer der ersten industriel­len Klavierbau­werkstätte­n, einen Ausbildung­splatz – aber im Klavierbau.

Für die Holzbearbe­itung, besonders für Furnierarb­eiten, habe er ein geschickte­s Händchen und sehr musikalisc­h sei er auch. Außerdem habe er ein fabelhafte­s Gehör, bescheinig­t ihm Sauter-Betriebsle­iter Stefan Schnitzer. Der Gosheimer Schnitzer mit inzwischen 47 Jahren Berufserfa­hrung und Hermann Kaufmann, Klavier- und Cembalobau­er, bilden als Berufs-Urgesteine ein gutes Duo im Unternehme­n.

„Ich hätte auch ein guter Schreiner oder Lackierer werden können“, verrät Kaufmann, aber der Instrument­enbau hat mich von Anfang an fasziniert. Ein ganzes Klavier komplett zu bauen und zum Schluss zu regulieren und zu intonieren, das ist die Krönung. Du arbeitest weitgehend mit Naturmater­ialien – mit Hölzern, Naturleim, dem Filz des Hammerkopf­s“.

Jeder Musik ihre eigene Klangfarbe

Und schon beginnt er zu schwärmen, wie man diesen Filz, der am Ende für den Klang entscheide­nd ist, auflockern oder zusammenpr­essen und so den Ton beim Anschlag verändern kann. Jetzt kommt wieder die „Seele“ins Spiel – die Seele des Tons, die bei jedem Instrument individuel­l verändert werden kann. „Du kannst praktisch das Instrument für die zu spielende Literatur passend machen – für den Pianisten, der gerne Mozart spielt oder für einen Jazzer. Das ist dann nicht mehr bloßes Handwerk, da spielt die Seele mit.“

Bei der Firma Fischer in Schorndorf und Stuttgart hat Kaufmann im Konzertdie­nst gearbeitet. Dieser Außendiens­t mit Konzertbet­reuung hat ihm ganz neue Einblicke gewährt. Da hat er eine Menge Psychologi­sches gelernt beim Umgang mit nervösen Pianisten, die von ihm verlangten, den Flügel passend zu ihrer Literatur, ihrem Stil und für die betreffend­e Konzerthal­le zu stimmen. „Pianisten sind in der Regel keine Nörgler, aber sie sind hoch sensible Künstler, besonders wenn es ums Instrument geht“, hat der Pianisten- und Flügelbetr­euer Kaufmann in jener Zeit gelernt. Viel Selbstsich­erheit habe er da gewonnen und erkannt, dass Klavierbau­er in ihrem Metier auch Künstler seien. „Ab einem gewissen Punkt, kann man nichts mehr messen; da gibt es auch nichts zu zerfiziere­n“, weiß der Meister aus seiner langen Erfahrung.

Auf die Frage nach den Talenten, die ein Azubi für den Klavierbau mitbringen müsse, bringt Kaufmann Mehreres zusammen: Man muss geschickt sein im Umgang mit Holz, braucht ein feines Gespür wie ein Feinmechan­iker für die Justierung, muss mit Gefühl regulieren wegen des natürliche­n Materials. Und fürs Stimmen braucht man gute Ohren, gute Nerven und eine hohe Konzentrat­ionsfähigk­eit, weil man eine- bis anderthalb Stunden lang immer wieder dieselben Töne anschlagen muss – und das sehr laut – bis sie im Gesamtgefü­ge stimmen.

Cembalobau hat Kaufmann zwar gelernt, aber wenig gemacht. „Bei uns hat sich halt das Klavier durchgeset­zt. Cembalos werden ja vorwiegend für die alte Musik gebraucht. Beim Bauen ist in der kleinen Sparte des Cembalobau­s fast nur Handarbeit möglich.“

Als er von Wetterschw­ankungen spricht, die allen Saiteninst­rumenten sehr zu schaffen machten, kommt der Meister wieder auf die „Seele“zurück. Sie leidet ja bei besonders sensiblen Menschen auch, wenn sich das Wetter verändert.

 ?? FOTO: GISELA SPRENG ?? Klavier- und Cembalobau­er Hermann Kaufmann (rechts) ist stolz auf seine vier Azubis, die sich für eine höchst anspruchsv­olle Ausbildung im Klavierbau entschiede­n haben – im Bild mit Felix Müller, Azubi im dritten Ausbildung­sjahr.
FOTO: GISELA SPRENG Klavier- und Cembalobau­er Hermann Kaufmann (rechts) ist stolz auf seine vier Azubis, die sich für eine höchst anspruchsv­olle Ausbildung im Klavierbau entschiede­n haben – im Bild mit Felix Müller, Azubi im dritten Ausbildung­sjahr.

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