Heppelers Kunst-„Prozeßß“soll irritieren
Der junge Fridinger malt und stellt aus in der Aldinger Galerie im Altbau
- Riesige Augen starren den Betrachter an; aus weit aufgerissenen Mündern wachsen Köpfe, aus deren Mündern wieder Köpfe von Menschen und Tieren – und das alles in einem wilden Umfeld von Farben, Formen, Buchstaben, Parolen, Zitaten und Textfetzen. So mag es Jeremias Heppeler, der bodenständige Fridinger, der „sich an seiner Heimat abarbeitet“, sonst im Bodenseeraum, aber zurzeit in Aldingen tätig ist.
Bis zur Ausstellungseröffnung am Sonntag, 23. April, arbeitet der junge Mann, Jahrgang 1989, jeden Tag mit Feuereifer. Die Räumlichkeiten im zweiten Stock der Galerie im Altbau hat ihm die Besitzerin des Gebäudes, Heide Streitberger, für zwei Wochen als Atelier zur Verfügung gestellt. Heppeler findet es genial, dass er hier viel mehr Platz hat, um sich künstlerisch auszutoben als in seinem Atelier im Donautal.
Alte Fabrik – Ambiente
Überhaupt ist er hell begeistert vom Ambiente des alten Fabrikgebäudes von Flaig & Hommel in der Uhlandstraße. Seine Ausstellung, die ihre Plattform dann im ersten Stock bekommen wird, nennt er „Der Prozeßß“. „Das doppelte Scharf-S, das Etliche für einen Schreibfehler halten werden, habe ich bewusst eingesetzt, um Irritationen beim Leser zu erzeugen und ihn zum genaueren Hinhören und Hinsehen zu zwingen.“
Sein Prozeßß sieht so aus: Zwei Wochen Zeit hat er sich gegeben, um alles für die Vernissage und die danach folgenden Ausstellungstage vorzubereiten. „Alles, was ich den Leute zeige, mache ich in diesen 14 Tagen, wo man mir auch gern über die Schulter gucken darf“, sagt der Künstler. „Es wird eine kunterbunte Mischung aus Analog und Digital, aus soeben entstandenen Acryl-Gemälden, die Computer-Texte enthalten und zu Collagen verfremdet werden. Und alles, was entsteht – den Prozess - nimmt meine Kamera auf. Im Alltag ist es ja genauso: Alles passiert gleichzeitig – rasend schnell, verwirrend, energiegeladen.“
Querbeet durch alle Medien
Jeremias Heppeler hat in Konstanz Germanistik und Geschichte (Bachelor), dazu Literatur-Kunst-Medien studiert. Er nennt sich intermedialer Künstler, weil er sich inzwischen querbeet durch alle Medien Gehör verschafft – als Filmemacher, Drehbuch-Autor für Theaterstücke, freier Mitarbeiter bei verschiedenen Zeitungen, Dozent an Kunstschulen oder Leiter diverser Flüchtlingsprojekte.
Seit vier Tagen arbeitet er in seinem neuen Atelier. Zwei riesige Bilder auf Pappkarton sind schon fertig, am dritten ist er gerade. „Der Gedanke an Ikarus und Lazarus hat mir den Input zu diesem Bild der Kontraste gegeben“, erzählt Heppeler. „Beide haben den Drang nach oben – Lazarus steigt aus dem Grab, Ikarus fliegt zur Sonne und stürzt in den Tod“. Eigene Texte auf eng beschriebenen DIN-A4-Seiten kleben bereits zwischen den Umrissen der beiden Figuren.
Die Texte sind ein Konglomerat aus dem Songtext von Nick Cave „Dig yourself Lazarus“, aus Bibelstellen, ein bisschen griechischer Mythologie und literarischen Ergüssen großer Autoren. „Die Texte fressen sich am Ende auf“, lacht Heppeler und gibt zu, dass er hier von seinem Germanistik-Kenntnissen profitieren kann. Als Maler sei er Autodidakt.
Gegenüber prangt ein Riesenbild in bunter Vielfalt mit einem Pferdekopf auf einem menschlichen Körper als Blickfang. „Alle Zeichen sind gleich“, verkünden aufgeklebte Großbuchstaben aus Zeitungspapier. Diese Erkenntnis passt wie das „weiße Rauschen“, dem weißen Farbeindruck bei einer bestimmten Drehfrequenz, zu Heppelers Intensionen: Ein Bild muss aufreiben, um den Betrachter intensiv zu beschäftigen.
Am heutigen Donnerstag haben Besucher von 14 bis 18 Uhr noch einmal die Gelegenheit, dem Künstler bei der Arbeit zuzuschauen.