Heuberger Bote

Dr. Feelgood muss zum Erneuerer werden

- Von Filippo Cataldo

Das böse Wort „Vercoachen“ist in der hitzigen Aufregung nach dem spektakulä­ren 2:4 des FC Bayern bei Real wenn überhaupt moderat verwendet worden. Vorgänger hatte sich das ja drei Jahre in Serie anhören müssen. Der Vorwurf: Er, der große Taktiker und Tüftler, habe immer dann die falschen Entscheidu­ngen getroffen, wenn es mit seinen Münchnern im Halbfinale gegen spanische Clubs gegangen war. Falsche Aufstellun­g, falsche Wechsel, falsche taktische Ausrichtun­g. Vercoacht eben.

Carlo Ancelottis Pep Guardiola

ausgewechs­elt. Doch die Ursachen für die zwei Niederlage­n gegen Real in der Taktik zu suchen, käme zumindest vordergrün­dig zu kurz.

Real Madrid gegen den FC Bayern München war in diesem Jahr das Duell zweier Mannschaft­en und Trainer, die sich vor allem über die individuel­le Klasse ihrer Spieler definieren. Taktisch agierten die Münchner im Rückspiel reifer als die Madrilenen, die streckenwe­ise den Eindruck machten, das Wort Pressing höchstens vom Hörensagen zu kennen. Doch war in diesen zwei Spielen eben nicht und

ist ohnehin einzigarti­g.

Thiago Toni Kroos, Cristiano Ronaldo

Die Versuchsan­ordnung der Bayern für diese Saison war durchaus interessan­t: Eine Mannschaft, die alles gewonnen hat, sollte sich unter Carlo Ancelotti, diesem Doctor-Feelgood der Trainerzun­ft, nach drei unglaublic­h interessan­ten, aber fordernden Jahren unter Guardiola noch einmal selbst mit dem größtmögli­chen Triumph belohnen. 30,3 Jahre betrug das Durchschni­ttsalter der Startelf am Dienstag, die Älteste unter Ancelotti. Das Experiment, wenigstens in dieser Saison noch auf die zugegeben hochklassi­gen, aber eben alternden Stars zu setzen und die Entwicklun­g von Kader und Taktik hintenanzu­stellen, ist gescheiter­t.

Der mit großen Vorschussl­orbeeren und für eine noch größere Ablösesumm­e nach München gekommene

Philipp Lahms Süle Renato Sanches

Europameis­ter hat so ein ganzes Jahr seiner Entwicklun­g verloren. hat eine vielverspr­echende Vergangenh­eit unter Guardiola und soll eine strahlende Zukunft als Nachfolger

oder haben, die sich in wenigen Wochen zur Ruhe setzen. Doch ihm fehlt die Gegenwart. Mit ein wenig mehr Spielpraxi­s hätte er am Dienstag vor dem 2:3 womöglich ein taktisches Foul begangen, statt hinter herzulaufe­n.

Joshua Kimmich Xabi Alonsos Sebastian Rudy Marcelo

Ancelotti, der schon den AC Milan, Chelsea, Paris Saint-Germain und Real Madrid betreut hat und immer als Trainer für die großen Frühlingsa­bende galt, muss sich nun als Erneuerer betätigen. Bayern muss im Sommer einen Umbruch einleiten, der nicht bei der Kaderauffr­ischung – verpflicht­et wurden schon die Hoffenheim­er und

– enden darf. Der taktisch elaboriert­este Fußball wird schon in dieser Saison in Leipzig, Dortmund und Hoffenheim gespielt.

Niklas

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FOTO: AFP Carlo Ancelotti (li.) und sein früherer Schüler Zinedine Zidane.

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