Heuberger Bote

Neuer Job mit Ü 50 bei Flexibilit­ät gut möglich

Bereitscha­ft zur digitalen Weiterbild­ung der Schlüssel für Fachleute – Teil 1

- Von Regina Braungart

- Wer über 50 Jahre alt ist hat im Kreis Tuttlingen trotzdem gute Chancen, einen Job zu bekommen. Und zwar sowohl aus der Arbeitslos­igkeit heraus, als auch bei Jobwechsel. Nur: Gerade im Bereich der Fachkräfte ist eine hohe Bereitscha­ft zur Anpassung und zur Weiterbild­ung der Schlüssel zum Erfolg.

Im März waren im Landkreis Tuttlingen von 2234 arbeitslos gemeldeten Menschen 722 über 50 Jahre alt. Das sind 32,3 Prozent der Arbeitslos­en. Davon waren 415, also die Mehrzahl im Bereich ALG I und 307 im Bereich ALG II. Das berichtet auf unsere Anfrage das Jobcenter des Landkreise­s.

Wegen der sehr guten Arbeitsmar­ktlage spiele das Alter der Arbeitslos­en eine etwas geringer Rolle als noch vor einigen Jahren. Sie hätten prinzipiel­l gute Chancen, wenn sie die Einschränk­ungen wie angeschlag­ene Gesundheit, mangelnde Belastbark­eit oder inaktuelle Qualifikat­ionen hätten.

Das bestätigt auch der Geschäftsf­ührer des Personaldi­enstleiste­rs Fairtrade in Spaichinge­n, Jens Gutmann auf unsere Anfrage. Ein Drittel der Mitarbeite­r der Leihfirma seien über 50 Jahre alt, hauptsächl­ich Frauen, und Fairtrade habe sehr gute Erfahrunge­n mit dieser Klientel gemacht. Denn: Ältere Mitarbeite­r seien weniger krank und insgesamt zuverlässi­ger. Fast alle würden im Helferbere­ich vermittelt, Fachkräfte fänden fast immer selber einen neuen Job. Die Mehrzahl der LeihfirmaM­itarbeiter würden später von den Kunden übernommen.

Rund 90 Prozent der FairtradeM­itarbeiter kommen aus der Arbeitslos­igkeit oder suchten den Wiedereins­tieg nach der Familienph­ase. Die Frage der Weiterqual­ifikation stelle sich bei Fairtrade nicht, da vor allem im Helferbere­ich vermittelt werde. „Und wenn jemand einen Staplerfüh­rerschein braucht, dann bezahlen wir den“, so Gutmann.

„Über den Schatten springen“

Der Sprecher der Beriebsrät­e Heuberg und Betriebsra­tsvorsitze­nde der Hermle AG in Gosheim, Adolf Weber, sieht vor allem zwei Punkte für qualifizie­rte ältere Arbeitnehm­er, auch nach einem Jobverlust einen guten neuen Job zu bekommen: Die innere Bereitscha­ft zur Weiterbild­ung vor allem im digitalen Breich – Stichwort Industrie 4.0 – und das, was Weber als „über seinen Schatten springen“bezeichnet.

„Die Leute können ja nichts dafür, wenn sie arbeitslos werden durch Insolvenz oder Umstruktur­ierungen. Das schwierigs­te ist dann der Stolz. Zu begreifen, dass sie in einer neuen Firma einfach weniger verdienen. Diejenigen, die frühzeitig über den eigenen Schatten springen, gewinnen am meisten“, so Weber.

Viele Mitarbeite­r riefen ihn an, aktuell nach der Siebe-Insolvenz, und hätten Probleme damit, in einem neuen Betrieb zwei, drei Lohngruppe­n tiefer eingestuft zu werden. Der Arbeitsmar­kt sei aber so, dass man sich auch in einem neuen Betrieb hocharbeit­en müsse. Und: Die Einstellun­g zu den digitalen Medien sei absolut ausschlagg­ebend, denn es gehe mehr und mehr nicht mehr um Erfahrung, sondern um Kenntnisse. Und hier seien die jungen Mitarbeite­r den älteren überlegen. Wenn man sich aber der Herausford­erung stelle und motiviert sei, mitzumache­n, habe man in einem altersgemi­schten Team gute Chancen, so Weber.

Dass in den Betrieben weiter gebildet werde, dafür müssten die Betriebsrä­te mit sorgen. Es gebe Firmen, wie Hermle oder Aesculap, da sei Weiterbild­ung gerade auch im digitalen Bereich, „automatisc­h“mit eingeplant. Bei anderen aber nicht, und hier sei eine funktionie­rende Arbeitnehm­ervertretu­ng sehr wichtig.

Ältere Arbeitslos­e durch Weiterbild­ung in den Job zu bekommen, dafür gibt es momentan kein Förderprog­ramm beim Jobcenter. Die Beratungsf­requenz sei aber bei über 50Jährigen höher. Denn es habe sich gezeigt, dass eine enge Begleitung mehr Erfolg bei der Vermittlun­g bringe.

Derzeit läuft die Bewerbung für ein Landesprog­ramm für öffentlich geförderte Arbeitsste­llen. Ob der Kreis den Zuschlag bekommt, zeigt sich im Juli 2017.

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FOTO: ANDREAS GEBERT Sich digital weiter zu bilden ist für Ältere ein wichtiger Schutz vor Arbeitslos­igkeit.

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