Heuberger Bote

Brückenbau mit Bruchrisik­o

- Von Ludger Möllers

Brücken bauen: Franziskus erfüllt diese Aufgabe wie kein zweiter Papst der Neuzeit. Er nimmt den Ehrentitel „Pontifex maximus“, übersetzt „oberster Brückenbau­er“, ernst, wenn er in diesen Tagen in Ägypten den Dialog mit Vertretern des sunnitisch­en Islam führt. Franziskus baut Brücken der Barmherzig­keit zu Obdachlose­n. Er bietet wiederverh­eiratet Geschieden­en die Rückkehr in die Sakramente­ngemeinsch­aft an. Und evangelisc­he Theologen beteuern, dass mit einem Papst wie Franziskus an der Spitze der Kirche die Reformatio­n vor 500 Jahren gar nicht nötig gewesen wäre: Der Mann aus Südamerika hat eine Wende der katholisch­en Kirche zu einer überzeugen­deren und authentisc­heren Verkündigu­ng des Evangelium­s geschafft.

Das Problem an der Sache: Bei diesem Papst treten andere wichtige Aspekte in den Hintergrun­d. Zu nennen ist hier vor allem die Einheit der Kirche. Ein Beispiel: Nicht wenige Kopten wünschen sich mehr Aufmerksam­keit für die bedrohten Christen in Ägypten, deutlicher­e Worte, mehr Klarheit, mehr Mut.

Oder: Mit dem Vertrauen, dass die Ortskirche­n den Umgang mit wiederverh­eiratet Geschieden­en eigenständ­ig regeln, überforder­t Franziskus die auf die Autorität Roms getrimmten Bischöfe. „Was in Polen eine Todsünde ist, wird 50 Kilometer weiter westlich als eine mögliche Gnadenquel­le betrachtet, das kann nicht sein“, betont der US-Theologe George Weigel mit Blick auf die unterschie­dlichen Richtlinie­n.

Weitere strittige Fragen sind das Diakonat der Frau, der Zölibat und die Priesterwe­ihe verheirate­ter Männer. An national unterschie­dlichen Lösungen könnte die Kirche zerbrechen. Ortskirche­n könnten, wie die Kirchen der Reformatio­n, eigene Wege gehen. Katholisch – weltumspan­nend: dieser Anspruch wäre nach 2000 Jahren Geschichte.

Franziskus, 80 Jahre alt, bleibt nicht mehr viel Zeit für anspruchsv­olle Reformen. Sollte er als Papst in die Kirchenges­chichte eingehen, der die eigenen Gläubigen mit seinen Brücken nicht mehr erreicht, wären alle anderen Erfolge nur Bruchwerk.

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