Tanzende Hände
Württembergische Philharmonie Reutlingen und Henriette Gärtner begeistern
- Tschaikowskis erstes Klavierkonzert und die vierte Sinfonie von Brahms sind am Donnerstagabend im Dr.-Ernst-Hohner-Konzerthaus zu hören gewesen. Die Württembergische Philharmonie Reutlingen unter der Leitung des jungen Dirigenten Johannes Klumpp ging etwas zu respektvoll mit diesen Klassikern um.
Die imponierenden Akkorde am Anfang von Tschaikowskis erstem Klavierkonzert haben eine Klimax versprochen, die nicht ganz zum Tragen kam. Die Klaviersolistin Henriette Gärtner, ein ehemaliges Wunderkind, die schon als Achtjährige mit bekannten Orchestern konzertierte, und aktuell Dozentin für „Musik und Medizin“an der Musikhochschule Trossingen ist, überzeugte und begeisterte mit ihrer souveränen, konzentrierten Präsenz auf der Bühne.
Ihre Ballettausbildung und ihr Interesse an Bewegungsphysiologie machten sich bemerkbar, tanzte sie doch mit der linken Hand die Phrasen fast, während die Rechte eine Solomelodie spielte. Zauberhaft!
Voller, warmer Klang
Man hätte sich mehr solcher ausbrechender Momente gewünscht, als Gärtners schön gleichmäßiger Ton manchmal zu einer Homogenität neigte, zum Schaden der emotionalen Palette des Werkes und zum Teil auf Kosten der Klarheit des Ausdrucks, besonders während der schnellen Forte-Passagen. Im Orchester haben die Streicher einen vollen, warmen Klang angeboten, im Vergleich zu den eher zaghafteren Bläsern.
Die vierte und letzte Sinfonie von Brahms, die seine Verpflichtung gegenüber Bach und Beethoven anerkennt, verlangt eine gewisse emotionale Eindringlichkeit von den Aufführenden. Johannes Klumpp, der bei Tschaikowski eher unauffällig wirkte, trat bei Brahms hervor und zeigte sich als gefühlvoller Musiker und Dirigent, der stets Rücksicht auf seine Spieler nahm.
Es gab ergreifende Momente, vor allem in dem heiteren dritten Satz, mit dem für Brahms außergewöhnlichen Einsatz des Triangels. An diesem Abend wirkten viele beeindruckende Augenblicke auf das Publikum.
Hätte das Orchester noch ein bisschen mehr an der Oberfläche gekratzt, dann wäre aus einem sehr gelungenen Abend ein genialer geworden.