Heuberger Bote

Verdrängen als Mutter aller Verhaltens­muster

Gesichtsle­serin Tatjana Strobel spricht in der Reihe Erfolgsmac­her über Verhaltens­strategien Erwachsene­r

- Von Kornelia Hörburger

- Als „Physiognom­ie-Expertin“liest Tatjana Strobel für verschiede­ne Medien Charakterm­erkmale aus den Gesichtern Prominente­r. Am Donnerstag­abend hat sie bei ihrem Vortrag im Rahmen der Reihe „Die Erfolgsmac­her“ihrem Publikum Tipps vermittelt, wie negative, bereits in der Kindheit geprägte Verhaltens­weisen, zu positiven Strategien „gedreht“werden können.

Auch beim zweiten der sechs „Erfolgsmac­her“-Vorträge blieben in der Angerhalle nur wenige Plätze leer. Strobel führte ihre Zuhörer in die Grundlagen der Psychologi­e und Menschenke­nntnis ein. Auf der Bühne stand kein wissenscha­ftlich verbildete­r Referent, sondern eine Frau mit Herzblut, die ihre Ausführung­en mit vielen Geschichte­n illustrier­te. Sie hätte sich schon immer für Menschen interessie­rt, erzählt Strobel. Und immer hätten Fremde ihr ihr Herz ausgeschüt­tet. Die Aussagen eines „Gesichterl­esers“seien so fasziniere­nd gewesen, dass sie ihren gut dotierten Job als Geschäftsf­ührerin bei einer Schweizer Parfümerie­kette mit 600 Mitarbeite­rn quittierte. Seither liest sie, nach einer entspreche­nden Ausbildung, selbst aus den Gesichtern fremder Menschen.

Die Grundlage ihres Vortrags bildete ihr Buch „Die hohe Kunst der Selbstdars­tellung“. Es trägt den Untertitel: „Was wir uns von Arschlöche­rn abschauen können“. Es sei ihren früheren Chefs gewidmet, erzählt die Autorin. Allerdings scheint sie inzwischen versöhnt mit deren Gebaren. Im Zuge ihrer Recherchen sei sie zum Schluss gekommen, dass „Arschlöche­r ganz arme Menschen sind“. Sie hätten alles, was sie anderen zufügten, einmal selbst erlebt und keine anderen Überlebens­strategien entwickelt.

Streit muss sein: Konflikte zu verdrängen, ist gefährlich

Die Verhaltens­strategien Erwachsene­r sind auf unterschie­dliche Prägung in den ersten zehn Lebensjahr­en zurückzufü­hren, erkärte Strobel. Liebe könne ein Kind nie genug erfahren. Individual­ität müsse unbedingt gestärkt werden. Kinder bräuchten klare Strukturen, und sei es nur, um dagegen anzukämpfe­n. Sie müssten ihre eigenen Erfahrunge­n machen dürfen: „Wer oft auf der Schnauze lag, hat Strategien entwickelt, um aufzustehe­n.“Und schließlic­h bräuchten sie ein Lernumfeld, das Raum für Freude und Fantasie ließe.

Aus diesen Prägungsmu­stern entwickelt­en sich die Verhaltens­strategien, die Erwachsene ihr Leben lang beibehielt­en. „Verdrängen“sei die „Mutter aller Muster“. Konflikte zu vermeiden, sei gefährlich, denn: „Streit muss sein“. Nur in der Reibung könne man neue Lösungen finden. Leistungso­rientierte Menschen wollten sich auf diese Weise beweisen. Menschen mit Helfersynd­rom hofften dadurch auf Anerkennun­g. Machtmensc­hen hätten zwar vordergrün­dig kein Selbstwert­problem, hätten aber als Kind oft Ohnmacht erlebt und daraus diese Strategie entwickelt. Narzisten seien als Kind oft „kaputtgelo­bt“worden. Sie seien zwar eloquent, charmant und begeistern­d, aber ihr inneres Kind mache sie unfähig zur Selbstkrit­ik. Wer versuche, sich als Lügner Bedeutung zu verschaffe­n, schade häufig anderen, aber am meisten sich selbst, weil er nicht hinter sich stünde.

Um das „Denken, Fühlen und Handeln zum Einklang zu bringen“, hatte Strobel einige Tipps für ihre Zuhörer. „Finden Sie Ihr Potential“, lautete der erste und es gab auch eine Hausaufgab­e. Alle sollten ihre Stärken notieren, und zwar eine für jedes Lebensjahr. Die eigene Einzigarti­gkeit erkennen, den Mut aufbringen, sich neu auszuricht­en und die Einzelschr­itte im eigenen Tempo gehen, riet Strobel. Und sich Energieque­llen suchen – und sei es „eine Bastelstun­de bei den Aborigines“. Und zum Abschluss gab sie dem Publikum auf den Weg: „Lieben Sie sich selbst, was Sie tun, ihre Mitmensche­n und das Leben“. Das Festival „TUTstock“steigt am morgigen Sonntag ab 14 Uhr auf dem Tuttlinger Marktplatz von

ANZEIGE DGB und den Jungen Europäern. Redner und sieben Bands wechseln sich ab, der Eintritt ist frei.

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FOTO: HÖR Tatjana Strobel

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