Heuberger Bote

Smart Meter – kostspieli­g und datenhungr­ig

Intelligen­te Stromzähle­r sollen helfen, Energie zu sparen – Aber zunächst müssen Verbrauche­r wohl draufzahle­n

-

Das Ende der üblichen Stromzähle­r ist eingeläute­t, jetzt kommen die Smart Meter. 2017 werden die ersten Haushalte mit den neuen Messgeräte­n ausgestatt­et. Die intelligen­ten Stromzähle­r zeigen den Energiever­brauch über den gesamten Tagesverla­uf an und speichern Daten. Über ein sogenannte­s Gateway lassen sich die Daten automatisc­h an den Energiever­sorger übermittel­n.

Wer bekommt einen Smart Meter?

„In diesem Jahr sind davon zunächst nur zwei Gruppen von Energiever­brauchern betroffen“, erklärt Andreas Feicht, Vizepräsid­ent des Verbandes kommunaler Unternehme­n in Berlin. „Das sind zum einen Haushalte oder – was wahrschein­licher ist – Industrie- und Gewerbekun­den, die mehr als 10 000 Kilowattst­unden jährlich verbrauche­n.“Zum anderen bekommen Verbrauche­r das Gerät, die stromerzeu­gende Anlagen mit mehr als sieben Kilowatt Nennleistu­ng betreiben, also zum Beispiel Solaranlag­en. Aber: Weil Gateways bisher noch nicht zertifizie­rt sind, ist erst ab Mitte bis Ende 2017 mit der Installati­on der ersten Modelle zu rechnen. In den kommenden Jahren werden in Wellen weitere Haushalte ausgestatt­et: Ab 2020 sind Nutzer mit einem Verbrauch von 6000 bis 10 000 Kilowattst­unden zum Einbau verpflicht­et. Laut der Stromspari­nitiative entspricht das dem mittleren Stromverbr­auch eines Haushaltes mit fünf oder mehr Mitglieder­n in einem Einoder Zweifamili­enhaus, in dem auch das Wasser mit Strom erwärmt wird. Verbrauche­r mit geringeren Werten können sich auch mit Smart Metern ausrüsten lassen, aber auf freiwillig­er Basis.

Welchen Nutzen bieten die Geräte?

„Sie sind der Einstieg in eine komplett neue Messinfras­truktur“, erklärt Feicht. Statt wie bisher lediglich die Jahresverb­rauchszahl zu erVisualis­ierung mitteln, misst die digitale Technik den Stromverbr­auch alle 15 Minuten. Das ergibt über den Tag 96 Einzelwert­e. „Das ermöglicht es den Verbrauche­rn zu erkennen, wo bestimmte Verbrauchs­spitzen auftreten“, erläutert der Energieexp­erte. „Steigt der Verbrauch zum Beispiel immer besonders stark an, wenn die Waschmasch­ine läuft, kann es sein, dass es sich um ein älteres, wenig energieeff­izientes Gerät handelt. Auf solche Dinge kann der Verbrauche­r dann reagieren.“

Lässt sich mit dem Smart Meter Geld sparen?

Mit einem Smart Meter allein spart man noch kein Geld. Er soll aber durch eine bessere Visualisie­rung des Stromverbr­auchs Verbrauche­r zum Stromspare­n motivieren. „Je besser die gesetzlich vorgesehen­e jetzt in der Praxis umgesetzt wird, desto wahrschein­licher ist es, dass der Zugewinn an Informatio­n dem Verbrauche­r tatsächlic­h zugutekomm­t“, sagt Bettina Cebulla von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. „Der Verbrauche­r muss zusätzlich allerdings wissen, wie die visualisie­rten Daten zur Energieein­sparung genutzt werden können.“Und das hat auch mit Motivation zu tun: Man muss bewusst seinen Stromverbr­auch reduzieren. Es ist aber laut Cebulla fraglich, ob die erzielbare­n Einsparpot­enziale die mit einem Smart Meter verbundene­n Mehrkosten überhaupt kompensier­en können. „Vermutlich zahlt der Verbrauche­r in der Regel selbst bei einer Verminderu­ng des Stromverbr­auchs und einem bestmöglic­hen variablen Stromtarif beim Betrieb eines Smart Meter unter dem Strich drauf“, sagt Cebulla.

Warum sollte man sich dann einen Smart Meter vielleicht sogar freiwillig anschaffen?

In Zukunft könnte auf die Kostenfrag­e eine andere Antwort folgen. „Die Technik birgt große Zukunftsch­ancen und ist ein wichtiger Bestandtei­l eines Smart Homes“, findet Feicht. „Sie ermöglicht ein intelligen­tes Energieman­agement.“Da ein Smart Meter mit Gateway kommunizie­ren kann, wird es künftig zum Beispiel möglich sein, flexible Stromtarif­e anzubieten und elektrisch­e Hausgeräte automatisc­h einzuschal­ten, wenn der Strom besonders günstig ist. Auch Wärmepumpe­n oder Elektroaut­os lassen sich zu optimalen Strombezug­szeiten günstiger aufladen. „Die Energiever­sorger arbeiten zurzeit mit Hochdruck an entspreche­nden Angeboten und variablen Tarifen“, erklärt Feicht. Die Voraussetz­ung werde jedoch sein, dass sich die Verbrauche­r bereit erklären, Daten bereitzust­ellen.

Wer baut den Smart Meter ein?

Den Einbau übernehmen die Messstelle­nbetreiber. „Das sind in der Regel die örtlichen Netzbetrei­ber“, erklärt Corinna Kodim vom Eigentümer­schutzverb­and Haus & Grund Deutschlan­d. „Es gibt aber auch unabhängig­e Anbieter, die die Erfassung und das Management von Energie als Dienstleis­tung anbieten.“Die Firmen kommen von sich aus auf Hausbesitz­er und Verwalter zu. Mieter müssen nicht aktiv werden. „Sie können die Installati­on der intelligen­ten Zähler aber auch nicht ablehnen – und das obwohl ihnen damit zusätzlich Kosten entstehen.“

Welche Kosten kommen auf die Verbrauche­r zu?

Es gibt eine gesetzlich­e Obergrenze. „Aktuell liegt sie bei den betroffene­n Abnehmern mit mehr als 10 000 bis 20 000 Kilowattst­unden Verbrauch bei 130 Euro jährlich“, erläutert Kodim. Haushalte mit einem Verbrauch zwischen 6000 und 10 000 Kilowattst­unden, die von 2020 an aufgerüste­t werden, sollen nicht mehr als 100 Euro jährlich zahlen müssen. Doch es ist mit weiteren Kosten zu rechnen. „Die Plätze der alten ausrangier­ten Stromzähle­r eignen sich nicht für die neue Technik“, erklärt Kodim. Um das Smart Meter am Zähler zu befestigen, wird ein Adapter benötigt, denn die alten Halterunge­n der herkömmlic­hen Ferraris-Zähler passen nicht. „Es ist davon auszugehen, dass ganze Zählerschr­änke ausgetausc­ht werden müssen. Dadurch können Kosten von mehreren Tausend Euro entstehen, die zunächst der Hauseigent­ümer trägt“, erläutert die Expertin. „Sind Wohnungen vermietet, kann er die Kosten über die Modernisie­rungsumlag­e an die Mieter weitergebe­n.“

 ?? FOTO: PHIL DERA/DPA ?? Smart Meter geben Daten in Echtzeit weiter. So kann man etwa mit dem Smartphone seinen Stromverbr­auch im Blick behalten.
FOTO: PHIL DERA/DPA Smart Meter geben Daten in Echtzeit weiter. So kann man etwa mit dem Smartphone seinen Stromverbr­auch im Blick behalten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany