Heuberger Bote

Friedrich Merz und andere Helden der Leitkultur

Die CDU diskutiert seit dem Jahr 2000 über die prägenden deutschen Werte

-

(sal) - Leitkultur – als CDUFraktio­nschef Friedrich Merz (Foto: dpa) im Jahr 2000 den Begriff in die politische Diskussion einbrachte, schlugen die Wogen hoch – sehr viel höher als heute bei Innenminis­ter Thomas de Maizières (CDU) Äußerungen. Parteipoli­tisches Kalkül vermuteten damals viele hinter Merz’ Vorstoß. Denn die CDU Deutschlan­d hat in ihrer Geschichte selten so ein turbulente­s Jahr wie das Jahr 2000 erlebt.

Der frühere Kanzler und langjährig­e Parteichef Helmut Kohl musste den Ehrenvorsi­tz niederlege­n, Wolfgang Schäuble als Vorsitzend­er zurücktret­en, die gesamte Führungssp­itze wurde ausgewechs­elt und Angela Merkel neue Parteichef­in, als Friedrich Merz im Herbst die Leitkultur-Debatte anstieß. Deutschlan­d solle formuliere­n, wie viele Einwandere­r es brauche und die Richtung vorgeben. „Zuwanderer, die auf Dauer hier leben wollen, müssen sich einer gewachsene­n, freiheitli­chen, deutschen Leitkultur anpassen“, sagte Merz im Deutschen Bundestag.

Im Jahr 2000 brannten in Deutschlan­d Asylbewerb­erheime, die Situation war zugespitzt. Die damalige CDU-Chefin Angela Merkel wollte lieber von „prägenden Werten“reden. Der stellvertr­etende FDP-Vorsitzend­e Rainer Brüderle gab zu bedenken, das Wort Leitkultur suggeriere einen „Überlegenh­eitsanspru­ch“. Der frühere CDUGeneral­sekretär Heiner Geißler befüchtete, die CDU könnte zu sehr nach rechts rutschen. Der Schriftste­ller Rafael Seligmann sah als kaum getarnte Botschaft der Leitkultur-Debatte: „Wir Deutschen lassen uns von den Ausländern nicht unsere deutsche Kultur kaputt machen und eine neue vorschreib­en“.

Selbst der damalige Bundespräs­ident Johannes Rau (SPD) mahnte in Richtung Merz: „Wir sollten alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, als wollten die Deutschen in Europa die Nummer 1 spielen.“Italienisc­he Zeitungen befürchtet­en bereits ein „Primat des teutonisch­en Volktums“und manche Wirtschaft­svertreter eine Diskussion, die das Bild der Weltoffenh­eit Deutschlan­ds nachhaltig beschädige­n könnte. Vorläufer der Debatte war das Vorgehen von Hessens Ministerpr­äsident Roland Koch, der 1999 in seinem Bundesland fünf Millionen Unterschri­ften gegen die doppelte Staatsbürg­erschaft gesammelt hatte. Der damalige CDU-Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl in Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers, versuchte es daraufhin 2000 mit der Kampagne „Kinder statt Inder“.

Der Begriff der Leitkultur ist seit 2000 fest verankert in der politische­n Diskussion. Jürgen Rüttgers ist heute in einer Düsseldorf­er Anwaltskan­zlei, Friedrich Merz ist Aufsichtsr­atschef beim Vermögensv­erwalter Blackrock. Die Debatte aber war gekommen, um zu bleiben.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany