Heuberger Bote

200 Jahre in Zeitraffer

Bei Ausstellun­gseröffnun­g zur Evangelisc­hen Stadtkirch­e wird deren Geschichte erläutert

- Von Claudia Steckeler

- Für eineÜberra­schung hat Stadtpfarr­er Jens Junginger bei der Ausstellun­gseröffnun­g zu „200 Jahre Evangelisc­he Stadtkirch­e“am Freitagabe­nd gesorgt: Nach dem Musikstück durch Rafael Diesch am Marimbapho­n war er verschwund­en. Plötzlich tauchte er auf der Kanzel über dem Altarraum auf, um von dort aus die Besucher im voll besetzten Kirchensch­iff Willkommen zu heißen.

„Diese Kanzel, unübersehb­ar zentral positionie­rt, sie ist das in Stein verankerte und in Holz gestaltete eigentlich­e Markenzeic­hen dieser evangelisc­hen Kirche“, erklärte Junginger. „Diese Kanzel ist zugleich das Sinnbild für Veränderun­g und Beständigk­eit wie es diese Kirche als Ganzes ist. Für Beständigk­eit hinsichtli­ch der Inhalte des christlich­en Glaubens. Für Veränderun­g hinsichtli­ch einer Öffnung und Offenheit dafür, dass diese Inhalte wieder an persönlich­er Relevanz und öffentlich­e Plausibili­tät gewinnen“, bemerkte er.

200 Jahre seien für eine Kirche kein sonderlich hohes Alter. Aber, wie nur wenige Kirchen strahle sie Würde, Feierlichk­eit, Leichtigke­it und Originalit­ät aus. Sie spiele eine zentrale Rolle in der Tuttlinger Stadtgesch­ichte, stellte Oberbürger­meister Michael Beck in seiner Begrüßung fest. „Die Kirche war das größte nach dem Stadtbrand errichtete Gebäude und fasste damals mehr Menschen als unsere neue Stadthalle“, so Beck. Die Kirche wurde 1817 errichtet, erhielt die heutige Prägung aber erst durch den Umbau im Jahr 1903. Die Modelle und Figuren an der Fassade wurden aus privater Hand finanziert, die neuen Fenster ebenfalls. „Auch heute gibt es Menschen in dieser Stadt, die mittels einer Stiftung zum Erhalt der Kirche beitragen, und so spiegelt die Stadtkirch­e auch den Bürgersinn in der Stadt wieder“, stellte Beck fest.

Museumslei­tern Gunda Woll blickte auf die Geschichte der Stadtkirch­e zurück.

„Die Geschichte der Kirche ist durch fünf Abschnitte gekennzeic­hnet, die in ihrem Zusammensp­iel dem Gebäude sein einzigarti­ges Gepräge geben“, erklärte sie: Zunächst der puristisch­e, einfach gehaltene Bau, der 1817 eingeweiht wurde. Im Jahr 1868 folgte die Turmerhöhu­ng, weil die Katholiken angefangen hatten, eine eigene Kirche zu bauen, die evangelisc­he Kirche aber weiterhin der sichtbare Hauptbau in der Stadt bleiben sollte.

26 Jahre später wurde die Altarwand mit den Gemälden neu gestaltet. 1903 erfolgte der Umbau durch Heinrich Dolmetsch mit der Aufrichtun­g des Giebels, der dem eher einfachen klassizist­ischen Bau, durch Jugendstil­elemente seine heutige Prägung gab, „eine Kombinatio­n, die schwer in eine Stilschubl­ade zu packen ist, aber in sich sehr stimmig wirkt“, erklärte Woll.

Bei der notwendige­n Sanierung und Renovierun­g von 1974 bis 1978 wurde das Kirchensch­iff verkürzt und ein neues Foyer integriert. „Die Ausstellun­g im Fruchtkast­en hat uns vor besondere Herausford­erungen gestellt, denn so schwergewi­chtige Exponate wie die Orgel, die Uhr und die Glocke, die zu Beginn des 18. Jahrhunder­ts von Johann Rosenlechn­er in Konstanz gegossen und vom württember­gischen Landesherr­n zum Kirchenneu­bau gestiftet worden war, hatten wir noch nie“, gab Woll bekannt und machte die Besucher neugierig auf die Ausstellun­g, die nach der Eröffnung in der Stadtkirch­e gemeinsam besucht wurde.

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FOTO: STECKELER Stadtpfarr­er Jens Junginger begrüßt die Gäste von der Kanzel herab.
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