Schutz vor Kinderwerbung
Gesundheitsexperten fordern Werbeverbot im Internet
BERLIN (sz) - Auf knapp zwei Drittel aller Webseiten für Lebensmittel werden Minderjährige gezielt zum Konsum animiert. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Hamburg im Auftrag des AOK-Bundesverbandes. Auffällig dabei: Unter den 301 untersuchten Internetauftritten rangieren besonders viele Unternehmen, die sich auf EU-Ebene freiwillig dazu verpflichtet haben, auf das Kindermarketing ganz zu verzichten.
In den meisten Fällen handelt es sich zudem um Produkte mit zu hohem Zucker-, Salz- oder Fettgehalt, die das Risiko einer kindlichen Adipositas stark erhöhen. „Damit wir dieses Problem in den Griff bekommen, brauchen wir vor allem im Onlinebereich und im Fernsehen ein Kindermarketingverbot für Lebensmittel“, fordert AOK-Experte Kai Kolpatzik. Die Lebensmittelbranche hält Werbeverbote dagegen für nicht zielführend.
Eltern können schon die Werbebotschaften für Kinder im Fernsehen kaum kontrollieren, geschweige denn durch Erklärungen relativieren. Wenn sich die Kids in den sozialen Netzwerken tummeln, fehlt die Aufsicht oft ganz. Deshalb nutzen die Marketingstrategen diese Medien besonders gerne. Auch verbreiten sich attraktiv aufgemachte Spiele oder Filme schnell in der Zielgruppe. Die Kinder selbst haben gar nicht das Rüstzeug, den Gehalt der Werbung zu hinterfragen. Deshalb sollte Kindermarketing nur dort eingesetzt werden, wo es dem Nachwuchs dient.
Tatsächlich setzen aber vor allem Lebensmittelhersteller, die besonders süße, salzige oder fettreiche Produkte anbieten, auf diese Karte. Das ist legal. Zwar haben sich viele Konzerne dazu verpflichtet, auf die spezielle Ansprache von Kindern zu verzichten, doch ist dieses Versprechen in der Praxis nicht viel wert. Ferrero zeigt im Internet Videos, die aus Kinderperspektive gedreht sind. Gleichwohl behauptet das Unternehmen, dass sie gar keine Kinder unter zwölf ansprechen. Wenn eine Selbstverpflichtung so weite Auslegungsspielräume lässt, ist sie überflüssig.
Wer es mit dem Gesundheitsschutz für die Jüngsten ernst meint, muss sich für ein Verbot des Kindermarketings einsetzen. Denn die Folgeschäden und Folgekosten einer ungesunden Ernährung sind beträchtlich.