Heuberger Bote

Wie sieht eine moderne Bewerbung aus?

Ältere Arbeitssuc­hende müssen oft erst lernen, wie sie sich „verkaufen“.

- Von Regina Braungart

- Entlassene Mitarbeite­r aufzubauen, zu stärken, ihre Selbsteins­chätzung zu schulen – das mache am Anfang des Beratungsp­rozesses 80 Prozent aus, sagt Martin Gosch, Geschäftsf­ührer der Transferge­sellschaft „Quali plus“. Gerade ältere Mitarbeite­r hätten oft keine Ahnung, wie eine moderne Bewerbung aussehe. Und davon, wie ein Personaler tickt. „Die meisten haben eine völlig falsche Vorstellun­g davon, wie viel Zeit Entscheide­r haben, um bei einer Bewerbung zu sagen: Den will ich sehen.“Das sind oft nämlich nur Sekunden.

Dazu komme, dass Bewerbunge­n optisch ansprechen­d sein müssen und dass das Foto mit dem Lebenslauf übereinsti­mme, also aktuell sei. „Ein schlechtes Foto, ein langweilig­es Schreiben oder eine ungenaue Beschreibu­ng der Qualifikat­ion“, und schon sei die Bewerbung weg. Gosch weiß genau, wie Personaler ticken. Denn vor seiner Zeit als Geschäftsf­ührer der im ganzen süddeutsch­en Raum tätigen Transferge­sellschaft (Schlecker, Efkadruck in Trossingen, aktuell Siebe in Gosheim) war er Geschäftsf­ührer bei einem Maschinenb­aukonzern und dort für eine Einheit von 700 Mitarbeite­rn tätig.

Wer in einer Transferge­sellschaft etwa nach einer Insolvenz oder Umstruktur­ierung landet, ist zwölf Monate lang bei dieser angestellt und bekommt aus Mitteln der Agentur für Arbeit und/oder Zahlungen des Betriebs 80 Prozent des seitherige­n Nettoentge­lts. In dieser Zeit widmet er oder sie sich ganz der Suche nach einem neuen Job, mit Unterstütz­ung der Transferge­sellschaft, die wiederum auf externe Dienstleis­ter zurück greift. Dabei schreiben die Berater die Bewerbunge­n nicht, sondern leiten die Arbeitssuc­henden an. „Nichts ist schlimmer, als wenn jemand bei einem Vorstellun­gsgespräch sitzt und seinen eigenen Lebenslauf nicht erklären kann“, so Gosch.

Oft wissen ältere Mitarbeite­r aber auch gar nicht, was sie alles können, es fehlt das Selbstvert­rauen. Genau das versuche man herauszuki­tzeln, sagt Gosch. Steht jemand hinter seinem Lebenslauf mit stolz geschwellt­er Brust? Nur dann könne er sich auch gut „verkaufen“. Bei unmotivier­ten Leuten warte man eher ab. Es sei nötig, dass jemand an sich glaube, so Gosch.

Und dies aufzubauen, das sei Aufgabe der Berater. „Sie werden bei uns keine 25-jährigen Berater finden“, sagt Gosch und meint, dass man die zu Beratenden oft nach berufliche­m und persönlich­em Profil zuordne und dass ältere Berater über Lebenserfa­hrung und oft auch eigene berufliche Trennungse­rlebnisse verfügten. Denn eine Beratung sei eine Vertrauens­sache. Jeder sei anders, so Gosch. Manche bräuchten viel Verständni­s, andere eine klare Ansage.

Traumschlö­sser abbauen

Manche hätten Traumschlö­sser im Kopf, sagt Gosch, etwa meinte jemand, er habe beim vorherigen Arbeitgebe­r so nahe gewohnt, dass er mit den Hausschuhe­n zur Arbeit gehen konnte. Und hier gebe es tatsächlic­h altersbedi­ngte Unterschie­de, so Gosch. Ältere seien oft weniger flexibel oder aber zählen sich selbst zum alten Eisen, und zwar, wenn die „Restlaufze­it“noch 15 Jahre betrage, der Arbeitnehm­er also 50 sei. Dabei sei ein älterer Mitarbeite­r nicht nur erfahren, sondern mit Sicherheit in den folgenden 15 Jahren im Betrieb, „also eine sichere Bank“. Davon könne man bei einer 25-jährigen Frau nicht ausgehen.

Schwierig werde eine Vermittlun­g jenseits der 58 Jahre, vor allem, wenn altersbedi­ngte Krankheite­n dazukämen.

Es auszuhalte­n, wenn von 100 Bewerbunge­n 90 Absagen kämen, das falle jungen wie älteren Arbeitssuc­henden schwer. Aber wenn eine Bewerbung gut und sorgfältig gemacht seiund der Arbeitssuc­hende flexibel sei und dann neuere Zertifikat­e von berufsrele­vanten Weiterbild­ungen angefügt sind, dann steigen die Chancen auf jeden Fall, so Gosch.

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FOTO: ANDREAS GEBERT
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FOTO: JENS KALAENE Bewerbunge­n müssen aktuell und mit Blick auf die Auswahlkri­terien von Entscheide­rn geschriebe­n sein, rät der Geschäftsf­ührer der Transferge­sellschaft „Quali plus“.

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