Le Pen gibt den Trump
Chefin des Front National beschränkt sich im TV-Duell auf scharfe Attacken gegen ihren Rivalen Emmanuel Macron
- Die Kommentare waren sich am Tag danach alle einig: Das Fernsehduell zwischen Marine Le Pen und Emmanuel Macron war das aggressivste, das es je vor einer Präsidentschaftswahl in Frankreich gab. „Eine chaotische, brutale Debatte, die Spuren hinterlassen wird“, schrieb die Zeitung „Le Monde“. Die Chefin des Front National hatte den Ton von der ersten Minute an vorgegeben mit ihrem Angriff auf den Kandidaten der „wilden Globalisierung, der sozialen Brutalität“. Doch bis auf die Attacken hatte die Rechtspopulistin in den gut zweieinhalb Stunden des Fernsehspektakels, das 16,5 Millionen Fernsehzuschauer verfolgten, nichts zu bieten.
Wie inhaltsleer das Projekt der 48-Jährigen ist, zeigte sich am Schluss, als die Kontrahenten ein Thema wählen durften. „Ich habe kein Thema“, sagte eine überforderte Le Pen, die stattdessen zu einem weiteren Angriff gegen den Favoriten für die Stichwahl ansetzte. „Frankreich wurde durch Ihre Freunde ins Chaos gestürzt“, giftete sie. Gemeint waren die Mitglieder der sozialistischen Regierung unter François Hollande, der Macron zwei Jahre lang angehört hatte. Eine Tatsache, die die Chefin des Front National ihrem in den Umfragen führenden Konkurrenten ständig vorwarf.
Der 39-Jährige, der in der Debatte 63 Prozent der Fernsehzuschauer überzeugte, erwiderte: „Sie haben kein Projekt. Ihr Projekt besteht darin, von Angst und Lüge zu leben. Das hat die Rechtsextremen genährt. Frankreich verdient mehr.“Le Pens Lager hatte die Debatte im Vorfeld zur Auseinandersetzung zwischen Patriotismus und Globalisierung gemacht. Macron gelang es dabei, die Schwächen der Globalisierungsfeindin zu entlarven. „Frankreich ist kein in sich verschlossenes Land. Es ist in Europa und in der Welt“, sagte der pro-europäische Kandidat zu den Abschottungsplänen Le Pens.
Die 48-Jährige hatte vor sich auf dem Tisch bunte Ordner liegen, in denen sie vielfach blätterte, um nach Zahlen zu suchen. Macron hatte dagegen seine Daten im Kopf und machte sich über die Chefin des Front National lustig, die das Telefonunternehmen SFR und den Zugbauer Alstom verwechselte. „Die einen machen Telefone und die anderen Turbinen. Sie bringen beide durcheinander“, maßregelte er seine Konkurrentin wie eine Schülerin. Ähnlich nahm der frühere Wirtschaftsminister kurz darauf Le Pens Projekt eines Ausstiegs aus dem Euro auseinander. Die FN-Chefin nutzte den Moment, um Macron ihrerseits eine zu große Nähe zu Bundeskanzlerin Angela Merkel vorzuwerfen. „Frankreich wird in jedem Fall von einer Frau geführt: Von mir oder Frau Merkel.“
Le Pen, die in ihrer Aggressivität an Donald Trump erinnerte, machte auch vor persönlichen Angriffen nicht halt. So beschuldigte sie ihren Rivalen, möglicherweise ein geheimes Offshorekonto auf den Bahamas zu unterhalten. Dagegen hat Macron inzwischen Anklage erhoben. Er vermutete „russische Interessen“hinter den Lügen, die während des Wahlkampfes verbreitet worden seien. Le Pen ist Russland-freundlich und wurde im März von Putin empfangen.
„Dieser Kampf erinnert auf grausame Weise daran, was die französische Rechtsextreme ist“, kommentierte „Le Monde“am Donnerstag. Das Duell dürfte auch ein Vorgeschmack auf das gewesen sein, was den sozialliberalen Kandidaten der Bewegung En Marche im Falle seiner Wahl erwartet. Denn Le Pen dürfte ihm dann als Oppositionschefin im Parlament das Regieren schwer machen.