Heuberger Bote

Wie Vergleichs­seiten in die Irre führen

Testberich­te im Netz stehen hoch im Kurs – Doch die Suche nach seriösen Produkttes­ts führt oft zu schwarzen Schafen

- Von Dirk Averesch

(dpa) - Smartphone-Tests, Kaffeemasc­hinen-Tests, sogar Seiten für Betonmisch­er-Tests finden sich im Netz: Scheinbar gibt es kaum etwas, was Experten noch nicht auf Herz und Nieren geprüft haben – aber nur auf den ersten Blick. Denn oft sind es nur Vergleichs­seiten mit Fotos und Tabellen voller Produktdat­en, die den Anschein eines Tests erwecken. Einen Wert haben die Ergebnisse solcher Seiten nicht, warnen Verbrauche­rschützer. Sie dienen den Betreibern einzig dazu, Verkaufspr­ovisionen einzustrei­chen.

„Man weiß nicht, welche Kriterien zugrunde gelegt wurden“, erläutert Kerstin Hoppe, Referentin im Team Rechtsdurc­hsetzung beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv) die Problemati­k der Pseudo-Tests und ihrer Bewertunge­n. Fünf solcher Seiten hat der vzbv schon wegen Vortäuschu­ng von Produkttes­ts abgemahnt. „In den meisten Fällen haben die nicht ein Produkt in den Händen gehalten, alles hübsch aufbereite­t und einen Link hinterlegt.“Der Link führt zu Online-Marktplätz­en und Händlern, die eine Provision zahlen, wenn das Produkt dann bei ihnen gekauft wird.

Bei der Handvoll Abmahnunge­n wird es wohl nicht bleiben. „Ich glaube das Problem ist sehr viel größer“, sagt Hoppe. Mindestens 15 Seiten, die vorgeben, zu testen, hat sie gerade auf ihrer Prüfliste: „Ein versteckte­r Hinweis, dass sich nur um einen Vergleich oder eine Zusammenst­ellung handelt, reicht nicht.“

Intranspar­ente Fantasie-Urteile

Die abgemahnte­n Vergleichs­seiten machen weiter mit ihren Daten-Tabellen und intranspar­enten FantasieUr­teilen. Nur küren sie nun eben keine Testsieger mehr, sondern Vergleichs­sieger. Auffällig, aber wenig überrasche­nd: Das teuerste Produkt erhält meist die beste Note. Schließlic­h winkt der Seite so eine höhere Provision.

Immer wieder ist auf solchen Portalen auch von Warentests die Rede. „Wir gehen dagegen vor, wenn jemand unseren guten Namen nutzt, um seine Seite zu promoten“, sagt aber Heike von Laak von der Stiftung Warentest. „Im Grunde sind es VerkaufsSh­ops.“Mit Tests hätten die Seiten am Ende gar nichts zu tun. „Ausgenutzt wird der Wunsch von Verbrauche­rn, möglichst schnell und umsonst im Netz an Informatio­nen zu kommen, das ist der Anker.“

Eine andere Kategorie Seiten sind sogenannte Test-Aggregiere­r, die verschiede­nste Testergebn­isse zusammenfa­ssen. Mit solchen Angeboten hat sich die Stiftung Warentest abfinden müssen, sagt van Laak: „Man kann rechtlich nicht dagegen vorgehen, das fällt unter das Zitatrecht.“Die Aussagekra­ft sei begrenzt, weil allen Tests andere Kriterien zugrunde liegen. „Manchen Leuten reicht das aber schon.“

Der Erkenntnis­gewinn aus einem Produktdat­envergleic­h, in den oft noch frei verfügbare, teils veraltete Ergebnisse echter Tests oder auch im Netz eingesamme­lte Kundenbewe­rtungen eingestreu­t werden, tendiert gegen Null. Insbesonde­re vor den Käuferbewe­rtungen warnt Georg Tryba von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Sie können gefälscht sein, beziehen sich vielleicht nur auf die Lieferung oder die Rezensente­n hätten schlicht keine Ahnung:

Aussagekrä­ftig ist ein Test am Ende nur dann, wenn man nachvollzi­ehen kann, wie das Urteil zustande gekommen ist, sagt Tryba. „Die Schwerpunk­te und Bedingunge­n des Tests müssen bekannt sein.“Dann hat auch jeder Kaufintere­ssent die Chance, gezielt nach Teilnoten für Produkteig­enschaften zu schauen, die ihm besonders wichtig sind.

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FOTO: KAROLIN KRÄMER Der vermeintli­che „Vergleichs­sieger“wurde womöglich gar nicht getestet. Das gute Urteil soll nur zum Kauf anregen.

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