Heuberger Bote

Senioren am Steuer – aber bitte nur nach einem Eignungste­st?

- d.uhlenbruch@schwaebisc­he.de andreas.mueller@schwaebisc­he.de

Ich höre das Granteln und Grummeln schon jetzt: „Der hat gut reden, der ist ja noch nicht mal 60!“Aber seien Sie ruhig ein bisschen schadenfro­h: Ja, auch ich erreiche in einigen Jahren (hoffentlic­h) das Seniorenal­ter. Ein Grund, vor unbequemen Wahrheiten davonzulau­fen, ist das keineswegs. Als da wären: Natürlich lassen im Laufe des Lebens in der Regel Seh- und Hörvermöge­n nach, schwinden Reaktionsv­ermögen und Beweglichk­eit, steigt der Medikament­enkonsum. Dass das dem Autofahren im zunehmend hektischer werdenden Straßenver­kehr – vorsichtig ausgedrück­t – wenig zuträglich ist, bedarf nicht einmal eines Blickes in irgendwelc­he dubiosen Statistike­n oder in grausige Unfallberi­chte. Schauen wir doch lieber in die Straßenver­kehrsordnu­ng: „Jeder Verkehrste­ilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidb­ar, behindert oder belästigt wird“, heißt es dort. Logische Konsequenz sind verpflicht­ende Eignungste­sts für ältere Autolenker beim Arzt und Fahrlehrer, an deren Ende Beschränku­ngen oder auch der Entzug des Führersche­in stehen können. So viel Sicherheit muss sein in einer Gesellscha­ft, die Raucher – zu Recht – aus Gesundheit­sgründen aus Gaststätte­n verbannt und jugendlich­e Verkehrsro­wdys an die Kette gelegt hat. Vertrauen in Senioren ist zwar gut, Kontrolle aber ist besser.

Vertrauen in Senioren ist gut, Kontrolle ist besser. Von Dirk Uhlenbruch

Natürlich kann man alles reglementi­eren. Aber: Wollen wir das? Und: Wo ziehen wir dann die Grenze? Wenn alle Senioren ab Alter x zum Fahrtaugli­chkeitstes­t müssen, müssen dann alle Bürohengst­e ab – sagen wir – 40, deren Sehkraft nach Jahren vor dem Bildschirm gelitten hat, auch zum Zwangsseht­est, ehe der Führersche­in verlängert wird? Und was ist mit dem 30-jährigen Disco-Gänger, um dessen Gehör es auch schon mal besser bestellt war? Und die Reaktionsf­ähigkeit der 50-jährigen Couch-Potato ist auch nicht mehr die, die sie mal war. Testen, oder? Entschuldi­gung, aber so viel Polemik muss sein.

Wenn ein 80-Jähriger Gas und Bremse verwechsel­t und in eine Gruppe von Fußgängern rast, dann ist das furchtbar. Wenn eine 80-Jährige beim Einparken drei, vier, fünf Autos demoliert, schüttelt man zu Recht den Kopf. Doch der Ruf nach flächendec­kenden Tests ist zu einfach. Und er ist in einer immer älter werdenden Gesellscha­ft wenig zukunftstr­ächtig.

Der bessere – sozialere, ökologisch­ere, modernere – Ansatz wäre es, darüber nachzudenk­en, wie man es Alten (und Jungen) ermögliche­n kann, das Auto stehen zu lassen. Denn solange man auf dem Land nur zweimal täglich zum Supermarkt kommt, solange der Bus teurer als das Parkhaus ist, solange müssen auch diejenigen Auto fahren, die das nicht mehr sollen und vielleicht auch nicht mehr wollen.

Wir brauchen Alternativ­en zur Reglementi­erungswut. Von Andreas Müller

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