Heuberger Bote

Ein Monat am Maximum

Die Siegesseri­e des VfB Stuttgart hat viel mit dem Wandel von Alexandru Maxim zu tun

- Von Jürgen Schattmann

- Anfang April war Alexandru Maxim so gut wie weg aus Stuttgart. In sechs der ersten zehn Rückrunden­spiele des VfB saß er auf der Tribüne oder zu Hause vor dem Fernseher, und dass er nicht einmal nach der Verletzung von Carlos Mané bei 1860 München mitkicken durfte, dürfte er als destruktiv­es Misstrauen­sangebot gesehen haben. Ein schönes Angebot aus China oder England, gerne auch aus Liga zwei, und der Rumäne, der auch im Nationalte­am den Anschluss verlor, wäre im Juli wohl weggewesen – obwohl ihm noch ExManager Robin Dutt einen WohlfühlVe­rtrag bis 2019 gegeben hatte. Bereits in der Bundesliga hatte sich Maxim, seit Januar 2013 beim VfB, schwer getan. Wenn Daniel Didavi gesund war, saß er auf der Bank. Und nun sollte es also nicht mal für die zweite Liga reichen unter einem Trainer, der die Jungspunde Julian Green (21) und Berkay Özcan (19) für besser hielt? Maxims Weggang schien Formsache, zumal sich die VfB-Führung mit Lob über ihren Ersatzspie­lmacher und Gutverdien­er erkennbar zurückhiel­t.

Womöglich hätte eine Flucht ins Ausland die Probleme nur aufgeschob­en, denn dass Alexandru Maxim zweite Wahl war, hatte seine Gründe. Über die Jahre hatte sich der 26-Jährige einen zweifelhaf­ten Ruf als ewiges Talent und gschlamper­tes Genie gesichert, das gerne mal die anderen für sich laufen lässt; als einer, der hinten nur hilft und mitgrätsch­t, wenn er zufällig dort steht. Im Fußball 2.0 reicht es nicht, nur zu zaubern und zu dribbeln, man muss ihn auch arbeiten. Maxims Spezialitä­t ist das nicht. Viele VfB-Trainer versuchten sich schon daran, Maxim einen etwas proletaris­cheren Arbeitsans­atz zu vermitteln, Huub Stevens suspendier­te ihn sogar kurzzeitig. Geschafft hat es keiner. Bis auf Hannes Wolf. Womöglich.

Der Trainer, dem nichts so wichtig ist, als menschlich und ehrlich mit allen 25 Spielern umzugehen, scheint ein großer Pädagoge zu sein, zumindest aber hat er Maxim angestache­lt. Seit der gegen den KSC plötzlich in der Startelf stand, hat der VfB seine kleine Krise überwunden und stets gewonnen, alle fünfmal war Maxim mit einer der Besten: Im Derby feierte er eine Gala, in Bielefeld glückte ihm ein Zaubertor aus 44 Metern, gegen Berlin traf er per Freistoß, in Nürnberg schlug der Spezialist für Standards den Eckball zum 2:2, am Sonntag gegen Aue machte er das 3:0 selbst und bereitete das 2:0 mit vor, indem er den Ball hinterm Rücken mit der Seite respektive Hacke nach links zu Insua schob. Gleich viermal zelebriert­e Maxim diesen Trick, fast immer sorgte es für Gefahr, Trainer Wolf grinste danach nur: „Er darf das, er hat gut gearbeitet.“Nach hinten nämlich. „Maxims Problem ist die Intensität“, hatte Wolf vor dem KSC-Spiel noch gesagt. Und: „Wir hoffen, dass er in beide Richtungen Vollgas gibt.“

Feine Spitzen, die inzwischen durch Lob ersetzt werden. „Ich habe schon lange gesagt, dass wir ihn noch brauchen werden. Das bestätigt sich jetzt. Er macht einen frischen, fitten und lauffreudi­gen Eindruck“, sagt Manager Jan Schindelme­iser. Auch Abwehrspie­ler Timo Baumgartl lobt den Regisseur: „Alex ist ein außergewöh­nlicher Spieler, der den Unterschie­d ausmachen kann. In den letzten Wochen macht er den.“

Die Zukunft bleibt offen

Ob Maxim sich selbst und die VfBFührung nach seinem ziemlich maximalen Monat nachhaltig von einer gemeinsame­n Zukunft überzeugt hat, bleibt offen. Das Comeback sei „eine feine Geschichte. Wir haben ihn nie abgeschrie­ben, ich glaube, das hat er gespürt“, sagt Wolf, das gegenseiti­ge Verhältnis sei stets gut gewesen. Maxim, der sich im April noch bedeckt hielt über seine Zukunftspl­anung, bestätigt. Er habe Respekt vor Wolf („Er kann nicht der Freund von 40 Spielern sein“) und dessen Entscheidu­ngen, sagte er damals, deutete aber an, dass er sich auf die erste Liga freue: „Ich glaube, da tun wir uns leichter. Da hat man fünf, zehn Meter oder ein, zwei Sekunden mehr Platz und Zeit, um mit dem Ball zu marschiere­n.“Allerdings: Auch da muss man zurückmars­chieren, und einen 40-Meter-Rückpass auf den eigenen Torwart sollte man ebenfalls tunlichst unterlasse­n. Dieses Maxim-Manöver nämlich führte im Hinspiel zum Last-Minute-1:2 gegen Hannover. Rastelli hat also etwas gut zu machen am Sonntag bei der Revanche, nebenbei der erste Matchball zum Aufstieg für den VfB.

Sein schönstes Fußballer-Erlebnis hatte Alexandru Maxim, der bereits mit 13 Jahren seine Eltern verließ, um in die 300 Kilometer entfernte Fußballsch­ule in Cluj zu gehen, übrigens gegen Berlin: „Als ich ausgewechs­elt wurde, 60 000 Zuschauer aufgestand­en sind, mir applaudier­t und meinen Namen gerufen haben, waren das so schöne Emotionen, da fehlen mir noch heute die richtigen Worte. Allein dafür hat es sich gelohnt, die harten Momente durchzuste­hen.“

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FOTO: IMAGO Ein Knicks vom Ballkünstl­er für die Fans: Alexandru Maxim.

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