Präsident
Im zweiten Anlauf hat er es doch noch geschafft: Der linksorientierte Moon Jae-in von der Liberal-Demokratischen Partei wird neuer Staatschef der Republik Südkorea. Da es bei Präsidentschaftswahlen in Südkorea nur einen Wahlgang gibt und die relative Mehrheit für den Sieg genügt, reichte schon der Stimmenanteil von mehr als 40 Prozent, den erste Umfragen prognostizieren.
Allen Umfragen zufolge wünschte sich die Mehrheit der Südkoreaner einen politischen Wandel nach dem Rücktritt der korrupten und unfähigen Vorgängerin Park Geun-hye. Doch die drei Favoriten im Wahlkampf standen auf ihre jeweils persönliche Art für Kontinuität. Auch Moon, ein früherer Menschenrechtsanwalt, gehört schon lange zum Establishment.
Vor allem Jugendliche sind enttäuscht. Die Aktivisten der „Kerzenlicht-Bewegung“, die Präsidentin Park mit Massendemonstrationen aus dem Amt getrieben hatten, sehen sich betrogen. Sie beklagen, dass auch unter Moon eine Entflechtung von Politik und Großindustrie kaum Priorität erhalten wird. Auch soziale Forderungen wie sichere Arbeitsplätze, bezahlbare Kinderbetreuung und reduzierte Studiengebühren, waren zwar Themen im Wahlkampf, am Ende aber wohl nur leere Worte.
Als Präsident wird Moon wohl vor allem auf Außenpolitik setzen. Der 64-Jährige, dessen Eltern einst vor den Kommunisten aus dem Norden flohen, will das Verhältnis zum verfeindeten Bruderstaat Nordkorea wieder „normalisieren“– also Zugeständnisse machen. Moon will den Konflikt erklärtermaßen nicht den USA und China allein überlassen. Er definiert seine Politik als „Nationale Interessen zuerst“. Südkorea sollte lernen, „Amerika auch Nein zu sagen“. Angela Köhler