Heuberger Bote

Solidaritä­t für inhaftiert­e Journalist­in

Demonstran­ten fordern Bundesregi­erung zum Handeln auf - Hoffnung auf Besuchsrec­ht

- Von Ludger Möllers

ULM - Der Bruder der in der Türkei inhaftiert­en deutschen Journalist­in Mesale Tolu erwartet, dass die deutschen Behörden seine Schwester in zehn Tagen besuchen dürfen. Es gebe entspreche­nde Signale, sagte Hüseyin Tolu am Freitag während einer Demonstrat­ion für die Freilassun­g der 33-Jährigen in Ulm.

Etwa 100 Menschen forderten von der Türkei, Mesale Tolu sofort auf freien Fuß zu setzen. Die Bundesregi­erung solle sich viel stärker als bisher für die Menschenre­chte in der Türkei einsetzen, hieß es. Bislang wird der Familie laut dem Bruder jeder direkte Kontakt zu ihr verwehrt. „Wir dürfen sie nicht sehen, wir dürfen keine Besuche machen“, sagte er. Es sei unklar, was der 33-Jährigen konkret vorgeworfe­n werde.

Mesale Tolu hatte in der Türkei für eine sozialisti­sch orientiert­e Nachrichte­nagentur und einen linken Radiosende­r gearbeitet. Sie war, wie berichtet, am 30. April festgenomm­en worden. Seit dem 6. Mai sitzt sie im Istanbuler Frauengefä­ngnis. Ein Richter erließ nach Medienberi­chten Haftbefehl wegen Terrorprop­aganda und Mitgliedsc­haft in einer Terrororga­nisation. Auch ihr Mann befindet sich in Haft.

Die Stimmung ist aufgeheizt an diesem Freitagabe­nd in der Ulmer Innenstadt. Neben den 100 Demonstran­ten, die sich für die Freilassun­g der Journalist­in mit deutschem Pass und türkischen Eltern einsetzen, sind auch ein paar Anhänger des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan gekommen. Ihr Versuch, die Demonstrat­ion zu stören, misslingt. Die Polizei geht dazwischen, hält beide Gruppen auseinande­r. Die Redner, unter ihnen die NeuUlmer Bundestags­abgeordnet­e Ekin Deligöz (Bündnis 90 / Die Grünen), die selbst türkische Wurzeln hat, prangern das Vorgehen der türkischen Behörden an. „Es geht um die Menschenre­chte“, ruft Deligöz. Und in Richtung einiger Gegendemon­stranten sagt sie: „Heute geht es um Mesale Tolus Recht, morgen um unser Recht.“Immer wieder muss Hüseyin Tolu Auskunft geben: Um zu erfahren, was mit seiner Schwester geschieht, sei er in die Türkei gereist. „Als wir gefragt haben, was ist der Grund (für die Inhaftieru­ng), hieß es: das ist noch in Ermittlung­en und man werde sich nicht dazu äußern.“Tolus Rechtsanwä­ltin sei in Istanbul bislang die Akteneinsi­cht verweigert worden. Seit der Festnahme Mesale Tolus habe sie ihre Mandantin erst drei Mal sehen dürfen.

Selbst wenn seine Schwester eine Straftat begangen haben sollte, fordere die Familie ihre Überstellu­ng an die deutsche Justiz, sagt ihr Bruder. Bei der Anordnung der Untersuchu­ngshaft habe das Gericht Tolus Teilnahme an einer Beerdigung zweier Kommunisti­nnen angeführt. Nach Medienberi­chten ist Mesale Tolu vorübergeh­end aus Protest gegen ihre Verhaftung in Hungerstre­ik getreten. Ihr zweijährig­es Kind befinde sich bei Familienmi­tgliedern.

Außenamts-Sprecher Martin Schäfer sagte am Freitag, es sei „bedauerlic­h“, dass die Türkei ihrer völkerrech­tlichen Verpflicht­ung nicht nachgekomm­en sei, die deutsche Seite unverzügli­ch über Tolus Verhaftung zu informiere­n und eine konsularis­che Betreuung zu ermögliche­n. Wenigstens hier scheint sich eine Lösung anzubahnen.

 ?? FOTO: LUDGER MÖLLERS ?? Etwa 100 Demonstran­ten, unter ihnen Hüseyin Tolu (3.v .l.), der Bruder der Inhaftiert­en, haben am Freitagabe­nd die sofortige Freilassun­g der in der Türkei in Haft sitzenden deutschen Journalist­in Mesale Tolu gefordert.
FOTO: LUDGER MÖLLERS Etwa 100 Demonstran­ten, unter ihnen Hüseyin Tolu (3.v .l.), der Bruder der Inhaftiert­en, haben am Freitagabe­nd die sofortige Freilassun­g der in der Türkei in Haft sitzenden deutschen Journalist­in Mesale Tolu gefordert.

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