Zusammenschluss der Kleinen
United Internet will mit dem Kauf von Drillisch eine vierte Telekomkraft schaffen
(dpa) - Deutschlands Telekommunikationsmarkt ist klar aufgeteilt: Erst mal kommen die drei großen Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica Deutschland (O2), dann kommt lange nichts. Konkurrenten wie 1&1, Smartmobil, Freenet oder Aldi-Talk sind nicht nur auf die Mobilfunknetze der großen drei angewiesen – sie können ihnen auch umsatzmäßig nicht das Wasser reichen. Doch das soll sich jetzt zumindest ein Stück weit ändern.
United-Internet-Chef Ralph Dommermuth will das Mobilfunkunternehmen Drillisch schlucken und mit dem Milliardendeal eine starke vierte Kraft im deutschen Markt neben den Netzbetreibern schmieden. „1&1 verfügt über eine starke Marke, einen riesigen Kundenstamm und enorme Vertriebskraft. Drillisch ist ein schnell wachsender Mobilfunkanbieter mit einem attraktiven Produktportfolio“, sagte Dommermuth.
Ob der Zusammenschluss allerdings den nach der Fusion von E-Plus und O2 etwas abgeschwächten Preiswettbewerb vor allem im deutschen Mobilfunkmarkt wieder mehr Schwung geben wird, erscheint ungewiss. Dommermuth will zwar bei den Mobilfunkpreisen nicht allzu weit in die Zukunft schauen. Doch ließ er bei einer Telefonkonferenz durchblicken, dass er eher davon ausgehe, dass die Preise nicht weiter sinken. Beide Unternehmen befänden sich schon auf einem sehr günstigen Preisniveau.
Ähnlich sieht das der Branchenexperte und Analyst Maurice Patrick von der britischen Barclays-Bank. Im preisgünstigen Segment des deutschen Mobilfunkmarktes dürfte der Deal den intensiven Wettbewerb nun wahrscheinlich eindämmen, meint er sogar. Schließlich machten sich beide Unternehmen bislang vor allem im unteren Preissegment Konkurrenz.
Nicht ganz so pessimistisch ist der Telekommunikationsexperte Thorsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen. Er geht davon aus, dass auch das neue Unternehmen am Markt eher preisaggressiv auftreten wird: „Der Markt stagniert. Wenn sie selber wachsen wollen, müssen sie anderen was wegnehmen. Das können sie nur, wenn sie weiter preislich attraktive Angebote machen.“
Eine andere Strategie sehe er nicht, denn auch nach dem Zusammenschluss sei die Marktmacht des neuen Unternehmens im Vergleich zu den Branchenriesen eher begrenzt, meint Gerpott. „Für große Umwälzungen im Telekommunikationsmarkt sind die beiden zu klein.“Durch den Zusammenschluss verbessere United Internet vor allem seine Position im Mobilfunkgeschäft. Drillisch erhöhe seine Finanzkraft und könne gleichzeitig von Größeneffekten und vielleicht auch vom Marketing-Know-how von United Internet profitieren.
United Internet mit Marken wie 1&1, GMX und Web.de ist eines der wenigen übrig gebliebenen deutschen Unternehmen aus der Zeit des Internetbooms an den Börsen rund um die Jahrtausendwende. Drillisch ist für United Internet vor allem deswegen attraktiv, weil das Unternehmen mit Telefonica Deutschland einen Deal zur Netzmiete eingegangen ist.