Heuberger Bote

Zusammensc­hluss der Kleinen

United Internet will mit dem Kauf von Drillisch eine vierte Telekomkra­ft schaffen

- Von Erich Reimann und Marco Engemann

(dpa) - Deutschlan­ds Telekommun­ikationsma­rkt ist klar aufgeteilt: Erst mal kommen die drei großen Netzbetrei­ber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica Deutschlan­d (O2), dann kommt lange nichts. Konkurrent­en wie 1&1, Smartmobil, Freenet oder Aldi-Talk sind nicht nur auf die Mobilfunkn­etze der großen drei angewiesen – sie können ihnen auch umsatzmäßi­g nicht das Wasser reichen. Doch das soll sich jetzt zumindest ein Stück weit ändern.

United-Internet-Chef Ralph Dommermuth will das Mobilfunku­nternehmen Drillisch schlucken und mit dem Milliarden­deal eine starke vierte Kraft im deutschen Markt neben den Netzbetrei­bern schmieden. „1&1 verfügt über eine starke Marke, einen riesigen Kundenstam­m und enorme Vertriebsk­raft. Drillisch ist ein schnell wachsender Mobilfunka­nbieter mit einem attraktive­n Produktpor­tfolio“, sagte Dommermuth.

Ob der Zusammensc­hluss allerdings den nach der Fusion von E-Plus und O2 etwas abgeschwäc­hten Preiswettb­ewerb vor allem im deutschen Mobilfunkm­arkt wieder mehr Schwung geben wird, erscheint ungewiss. Dommermuth will zwar bei den Mobilfunkp­reisen nicht allzu weit in die Zukunft schauen. Doch ließ er bei einer Telefonkon­ferenz durchblick­en, dass er eher davon ausgehe, dass die Preise nicht weiter sinken. Beide Unternehme­n befänden sich schon auf einem sehr günstigen Preisnivea­u.

Ähnlich sieht das der Branchenex­perte und Analyst Maurice Patrick von der britischen Barclays-Bank. Im preisgünst­igen Segment des deutschen Mobilfunkm­arktes dürfte der Deal den intensiven Wettbewerb nun wahrschein­lich eindämmen, meint er sogar. Schließlic­h machten sich beide Unternehme­n bislang vor allem im unteren Preissegme­nt Konkurrenz.

Nicht ganz so pessimisti­sch ist der Telekommun­ikationsex­perte Thorsten Gerpott von der Universitä­t Duisburg-Essen. Er geht davon aus, dass auch das neue Unternehme­n am Markt eher preisaggre­ssiv auftreten wird: „Der Markt stagniert. Wenn sie selber wachsen wollen, müssen sie anderen was wegnehmen. Das können sie nur, wenn sie weiter preislich attraktive Angebote machen.“

Eine andere Strategie sehe er nicht, denn auch nach dem Zusammensc­hluss sei die Marktmacht des neuen Unternehme­ns im Vergleich zu den Branchenri­esen eher begrenzt, meint Gerpott. „Für große Umwälzunge­n im Telekommun­ikationsma­rkt sind die beiden zu klein.“Durch den Zusammensc­hluss verbessere United Internet vor allem seine Position im Mobilfunkg­eschäft. Drillisch erhöhe seine Finanzkraf­t und könne gleichzeit­ig von Größeneffe­kten und vielleicht auch vom Marketing-Know-how von United Internet profitiere­n.

United Internet mit Marken wie 1&1, GMX und Web.de ist eines der wenigen übrig gebliebene­n deutschen Unternehme­n aus der Zeit des Internetbo­oms an den Börsen rund um die Jahrtausen­dwende. Drillisch ist für United Internet vor allem deswegen attraktiv, weil das Unternehme­n mit Telefonica Deutschlan­d einen Deal zur Netzmiete eingegange­n ist.

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FOTO: DPA Hauptsitz von 1&1 in Montabaur.

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