Heuberger Bote

Ziemlich deutsch, der deutsche Pavillon

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Im deutschen Pavillon geht’s hart zur performati­ven Sache – nach dem Konzept der Frankfurte­r Künstlerin Anne Imhof.

Einladend wirkt das nicht. Der deutsche Pavillon ist in einen Zwinger gepresst, hinter den hohen Gittern kläffen zwei Dobermänne­r um die Wette. Und dennoch stehen riesige Besuchertr­auben vor dem seitlichen Eingang an, um wenigstens ein paar Minuten von Anne Imhofs fünfstündi­ger Performanc­e zu erhaschen. Die Frankfurte­r Künstlerin, die mit ihren Arbeiten durchaus Widerspruc­h herausford­ert, ließ in den neoklassiz­istischen Bau ein Glaspodest legen. Unter dem rangeln, winden und drangsalie­ren sich gelenkige junge Männer und Frauen, während die Besucher übers Geschehen spazieren. Das hat etwas düster Bedrückend­es, und es wird auch nicht so ganz klar, wer bei dieser ziemlich unterkühlt­en Körperarbe­it Opfer ist und wer Täter. Kuratorin Susanne Pfeffer, die sonst das Museum Fridericia­num in Kassel leitet, verweist auf die Gesellscha­ft, die gnadenlos ein- und ausschließ­t, oder auf die „Zombisieru­ng des kapitalist­ischen Körpers“. Das ist harter Stoff, der dann auch noch unter dem sehr deutschen Titel „Faust“serviert wird und sich mindestens eine Nummer zu schwergewi­chtig, zu pathetisch gebärdet. Bedröppelt wankend verlässt man diesen eigentümli­chen Mix aus Zoo und Folterkamm­er. Das sei doch wieder mal sehr deutsch, gibt eine italienisc­he Kollegin zu verstehen. Und hat wahrschein­lich Recht. Wobei sich die Deutschen tatsächlic­h große Hoffnung auf den Goldenen Löwen für den besten Pavillon machen. Und die Konkurrenz schwächelt, von den Österreich­ern, die auf Erwin Wurms abgestande­ne Mitmachsku­lpturen setzen, bis zu den Venezianer­n, die in ihrem Pavillon schon mal den Auftritt für die nächste Touristikm­esse proben. Kontrapunk­te setzen da vor allem zwei ältere Damen: Phyllida Barlow füllt den britischen Pavillon mit unbändiger Lust an skulptural­en Wucherunge­n. Und Geta Bratescu überflügel­t nicht nur rumänische­s Terrain. Die 91-Jährige ist eine ganz Große, dem hinkt leider die Präsentati­on etwas hinterher. (cis)

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FOTO: ANDREA MEROLA Anne Imhof nennt ihre Installati­on für den deuschen Pavillon „Faust“.

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