„Da war ein anderer, der immer so geguckt hat“
Die Gosheimer Olga und Eduard Seidel feiern am heutigen Samstag goldene Hochzeit
- Sie haben sich heute vor 50 Jahren im fernen Kasachstan das Ja-Wort gegeben und sind immer noch glücklich verheiratet: Olga und Eduard Seidel. „Meine Schwester wollte mir auf einer Hochzeit einen jungen Mann vorstellen, der mir vielleicht gefallen könnte“, erzählt die Jubilarin. „Aber da war ein anderer, der immer so geguckt hat – das war der Eduard. Beim Tanzen sind wir uns dann näher gekommen. Im weißen Kleid mit Schleier und Kranz habe ich geheiratet.“Am heutigen Samstag wird das Jubelfest mit 17 Gästen am Schömberger Stausee gefeiert. Darunter sind die drei Kinder der Seidels mit Partnern und die sechs Enkel. Die älteste Enkelin ist schon 29.
Olga Seidel kennt die Geschichte und die Geschichten ihrer Familie bis ins letzte Detail ab 1929 und erzählt unermüdlich – vor allem von ihrer Mutter, die aus der Ukraine nach Kasachstan kam und mit hessischem Dialekt gesprochen habe. Eduard Seidel nickt zustimmend. Alle Zahlen hat sie gut sortiert im Kopf. Sie könne deshalb so gut mit Zahlen umgehen, weil sie als Einkäuferin und Verkäuferin für eine große Ladenkette verantwortlich gewesen sei.
Eduard Seidel berichtet von seinem Großvater, der einst nach Sibirien ausgewandert sei, und wie er in der Kohlengrube gearbeitet habe. Auf die Frage nach seinen späteren Jobs, meint er: „Ich war eigentlich alles – auch Lkw-Fahrer, Bauarbeiter und sogar Müller.“Stolz zeigt er auf seinem iPad seinen Bungalow, den er 1974 ohne Architekt für Olga und die Kinder in ihrem Dorf in Kasachstan gebaut hat. Nachdem ihr Antrag auf Ausreise nach Deutschland genehmigt worden sei, hätten sie alles zu einem Spottpreis verkauft – das Haus für 1000 Mark. Am 27. Mai 1993 seien sie mit einem Bus abgeholt worden zum Flug über 6500 Kilometer nach Frankfurt. In Moskau hätten sie auf einem Zwischenstopp ihr Geld in Mark umgetauscht.
Über das Lager Eisenberg in Thüringen sind die Seidels, ihre Kinder und die erste Enkelin nach Weimar gekommen. Obwohl sie perfekt Deutsch konnten, mussten sie einen sechswöchigen Deutschkurs absolvieren. Zehn Jahre später konnten sie ihrer guten Beziehungen wegen nach Gosheim umziehen. Jetzt wohnen sie im Erdgeschoss des Hauses in der Alemannenstraße, das ihrem Sohn Alexander gehört. Sohn Johannes hat sich im Ländle ein neues Haus gebaut. „Ich war bis zur Rente in ganz Deutschland auf Montage, um alte Häuser und Denkmäler zu sanieren“, berichtet der Jubilar.
Das Jubelpaar ist stolz auf sein neues Zuhause, in dem vom eleganten Bad bis zum exakt geschnittenen Rasen alles blinkt und blitzt.