Das Problem heißt Sebastian Dahm
Dänemarks Torhüter hält gegen die Deutschen beim 2:3 nach Verlängerung famos
- Irgendwann zwischen Slowakei und Dänemark, zwischen den deutschen Spielen vier und fünf bei der 81. Eishockey-Weltmeisterschaft, plauderte Marco Sturm aus dem Bundestrainer-Nähkästchen. Thema: seine (begrenzten) Möglichkeiten an der Bande. These: „Sobald ein Tor fällt, auf einmal werden die Beine lockerer, der Kopf wird lockerer – aber bis zu diesem Zeitpunkt hat der Trainer wenig Macht.“Stimmte auch gegen die Dänen, das Gute nur: Das Tor fiel früh. Bekam alsbald Gesellschaft – 2:0. Die kollektive Lockerheit allerdings führte nicht zu Treffer drei (obwohl Frederik Tiffels sich eine feine Möglichkeit ertanzt hatte), im Gegenteil: 2:2 binnen nur 25 (!) Sekunden. Was solch ein Doppelschlag mit der Leichtfüßigkeit macht, mussten die 18 629 danach erleben. Vieles gelang, Zählbares nicht. 2:3 nach Verlängerung (2:2, 0:0, 0:0/ 0:1), ein herber Rückschlag.
Dieses WM-Vorrundenduell war keines wie alle anderen. Für Mads Christensen nicht, den 30-jährigen Außenstürmer, der deutsche Meistertitel sammelt(e) im Eishockey wie kaum ein Zweiter. Beim jüngsten, keine vier Wochen her, jubelte er mit Danny aus den Birken, Konrad Abeltshauser, Yannic Seidenberg, Brooks Macek und Dominik Kahun. Jetzt waren sie Gegner. „Das“, befand der Däne vom EHC RB München, „fühlt sich sehr surreal an.“Passte aber zu diesem Abend, an dem es noch manch Treffen unter alten und neuen Bekannten gab: Dänen-Schlussmann Sebastian Dahm wird in Iserlohn Rooster, Kapitän Morten Green war in Schwenningen Wild Wing ... Und das im Schlüsselspiel in Sachen Viertelfinale? Marco Sturm: „Das sind jetzt alles Schlüsselspiele.“
Mit kurzer Orientierungs/Entkrampfungsphase, ersten deutschen Versuchen und dann dem so sehr befreienden Ertrag: Yasin Ehliz' Schlagschuss hielt Sebastian Dahm nicht fest, Patrick Reimers Volley-Verwertung (8:26) hatte etwas von Zirkus Roncalli: Akrobat schööön! Und Nachsetzen effektiv: Eine Münchner Puckstafette über Dominik Kahun und Yannic Seidenberg fand nach dessen scharfem Querpass in Brooks Macek einen Münchner Abnehmer (9:43). Das beruhigte, beflügelte. Und erinnerte den Gegner – mit dem Tiffels'schen Wachruf – daran, dass es auch ein deutsches Tor gab. In dem lag die Scheibe nach 16:09 Minuten, der Schlittschuh Frederik Storms hatte den letzten Puckkontakt. Keine Kickbewegung, sagte der Videobeweis, und ehe man sich an den neuen Spielstand gewöhnen wollte, war der auch schon wieder Makulatur. Ausgleich durch Morten Poulsen (16:34) – abstaubend, nachdem ausgerechnet Mads Christensen seinen Mit-Meister Danny aus den Birken zum Abpraller genötigt hatte.
Tor-, aber nicht ereignislos das zweite Drittel. Deutschlands beste Szenen sah man während zweier Überzahlsituationen; das Problem da aber hieß Sebastian Dahm, hieß Pech (Brooks Macek!). Andererseits: Dänemark spielte 1:18 Minuten mit fünf gegen drei; da blitzte, bei aller Fortune, massiv die Klasse eines Christian Ehrhoff, eines Dennis Seidenberg auf. Den Vorsatz für die letzten 20 Nettominuten tat danach Stürmer Gerrit Fauser kund: „Es ging zu viel hoch und runter.“Das müsse anders werden. Zwingend.
Wurde es: Nach Spielanteilen, nach Chancen – nur nicht nach Treffern. Patrick Reimer hatte – aus einer Vielzahl – die letzte, die klarste Möglichkeit, Sebastian Dahms famoser Reflex machte die Zusatzschicht klar. In der war es der Stock des DemnächstIserlohners, der Dennis Seidenberg das 3:2 raubte. Direkter Gegenzug (61:40), Peter Regin trifft.
Es fühlte sich surreal an. Sehr surreal.