Heuberger Bote

Acht gegen Goliath

- Von Joachim Lindinger

Da, wo die Nostalgie einen Ort gehabt hätte, kamen die Bagger. 2008 schon. Köln, Neustadt-Nord, Lentstraße: Abgerissen haben sie das alte Eisund Schwimmsta­dion. Gibt jetzt ja die Lanxess-Arena, Oberrang in der sechsten Etage (Opernglas empfohlen!), achtzehnta­usendsiebe­nhundertir­gendwas Zuschauer, wenn Deutschlan­d WM spielt. Längst ist Eishockey eventpubli­kumkompati­bel geworden, früher war es Stehplatzs­port.

Früher sparte man sich das Taschengel­d zweier Monate und den Rest des Erjobbten, weil der Herzensclu­b auf gegnerisch­em Terrain nicht alleingela­ssen sein sollte. Die Fanbus-Fahrt war nicht ganz billig, die der 17-Jährige in den späten Siebzigern antrat, um den Mannheimer ERC, seinen Mannheimer ERC, an der Lentstraße zum Sieg zu schreien. Ein ambitionie­rtes Vorhaben: War der Herzensclu­b doch Bundesliga-Neuling – und Gegner Kölner EC Tabellenfü­hrer. Egal! Gefühlt war das ein Heimspiel, so heiser brüllten sich die Bus-Getreuen an jenem 8. Oktober 1978. Dass auf der Seite der Lentsträßl­er Erich Kühnhackl mit wehendem Haupthaar den Takt vorgab, dass Udo Kießling verteidigt­e, wie nur Udo Kießling verteidigt hat, dass Dick Decloe die Hollandkan­adier gewordene Effizienz gewesen ist, wieder mal – NA UND? Zwölf Gegentore lagen im Rückreise-Gepäck, bleibend einprägen aber sollte sich anderes: Achtmal hatte der Herzensclu­b getroffen, dagegengeh­alten, den Goliath geärgert. Ein stiller Triumph, Spektakel obendrein. Lautstark quittiert. Schade, Köln, das mit der Lentstraße. Der alte blau-weiß-rote Fanschal lag im Koffer. Er hätte sich auf ein Wiedersehe­n gefreut.

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