Heuberger Bote

D „Wir brauchen nicht viel, um glücklich zu sein“

Die genügsamen Schweden Mando Diao legen das achte Album vor

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ie schwedisch­e Rockband Mando Diao meldet sich mit neuem Album „Good Times“zurück. Nach dem Ausstieg von Gustaf Norén hat die Band sich neu formiert und scheint so glücklich wie selten zuvor. EvaMaria Peter hat mit dem Kopf der Band, Björn Dixgard, und Schlagzeug­er Patrik Heikinpiet­i über gute Zeiten, unsichere Zeiten und Pippi Langstrump­f gesprochen.

Euer neues Album „Good Times“klingt so, als ob ihr zu euren Wurzeln zurückkehr­en wollt. Habt ihr euch zurück auf euren rotzigen Indierock-Sound besonnen?

Björn: Für uns fühlt sich ein neues Album niemals wie eine Rückkehr an. Wenn wir neue Musik machen, versuchen wir, unsere persönlich­en Wurzeln zu finden, und die verändern sich. Wir folgen unseren Visionen und unseren Herzen, wenn wir neue Lieder schreiben. Keinesfall­s wollten wir die gleiche Musik machen wie 2003. Jedes neue Album ist eine Revolution. Patrik: Die letzten beiden Alben waren etwas anders konzipiert und gingen in spezielle Richtungen. Das sechste war komplett auf Schwedisch und das vorherige elektronis­ch. Dieses Mal hatten wir kein klares Konzept. Wichtig war nur: Wir sind als Band zusammen in einem Raum und machen gemeinsam richtig gute Musik.

Hat der neue, alte Sound was mit dem Bandaussti­eg von Gustaf Norén zu tun? Seit 2015 ist Norén nicht mehr in der Band, er polterte nach dem letzten Album: „Pfeif auf die Regeln! Wir sind schon lange nicht mehr die schnodderi­ge Indierock-Band von damals.“

Björn: Gustafs Ausstieg hat natürlich Veränderun­gen mit sich gebracht. Es war hart und tut immer weh, wenn eine Beziehung endet. Wir haben den Umbruch aber gut verarbeite­t, und unsere Bandbezieh­ung fühlt sich momentan großartig an. Das hat den Sound sicher positiv beeinfluss­t.

Wer entscheide­t denn bei euch darüber, wie die Band zu klingen hat?

Björn: Das ist definitiv ein gemeinsame­s Ding.

Wichtig war euch offenbar, dass die Platte trotz der klaren RockStrukt­uren tanzbar ist …

Björn: Absolut korrekt. Bei Rockmusik wird oft nur mit den Füßen gestampft. Wir arbeiten immerzu daran, Rock tanzbar zu machen. Wenn Leute zu Musik nicht tanzen können, ist das irgendwie trist. Tanzen ist unsere Leidenscha­ft, und wir lieben tanzende Menschenma­ssen. Patrik: Die Leute sollen einen gewissen Rhythmus spüren, den sie mit uns verbinden. Vor allem bei Livekonzer­ten oder Festivals sind tanzende Fans wichtig.

Mando Diao bestehen seit 18 Jahren, und Björn ist von Anfang an dabei. Was hat Mando Diao stark gemacht?

Björn: Freundscha­ft, Respekt und dass wir immer aufeinande­r achtgeben. So überleben wir auch die nächsten 20 Jahre zusammen.

Ihr hattet in all den Jahren auch ein paar Wechsel in der Bandbesetz­ung. Wie schwierig ist es, wenn Bandmitgli­eder aussteigen?

Björn: Das können wir selber schwer einschätze­n. So kitschig das klingt: Wir versuchen immer, in der Gegenwart zu leben und den Moment auszukoste­n. Es bricht jetzt eine neue Ära an, da interessie­ren uns die alten Zeiten nicht.

Was wollt ihr mit dem Albumtitel „Good Times“ausdrücken?

Patrik: Der Titel hat viele Facetten. Wer momentan auf die triste und unsichere Welt blickt, in der so viel Unheil passiert, der kann gute Zeiten mehr als gebrauchen. Natürlich wollen wir mit dem Titel auch zeigen, schaut her, wir haben als Band gerade eine tolle Zeit. Björn: Es kann doch nicht alles trist sein. Wir wollen die Menschen mit unseren Songs inspiriere­n und positive Energie versprühen, sodass sie tanzen, rumspringe­n und glücklich sind.

In Stockholm gab es jüngst einen Terroransc­hlag. Woher nehmt ihr die Zuversicht in diesen Zeiten?

Björn: Voneinande­r. Wir sind gut darin, uns ein wenig abzuschott­en. Wir arbeiten ziemlich viel und vergessen uns in der Musik. Patrik: Zuversicht und Mut gibt es nur im Zusammenle­ben mit anderen Menschen, und bei uns sind das die Mando-Diao-Familie und unsere eigene Familie.

Wie wichtig sind Vorbilder in solchen Zeiten?

Patrik: Am wichtigste­n finde ich, dass Eltern Vorbilder sind. Mein größtes Vorbild ist meine Mama, die immer glücklich ist, wenn die ganze Familie zusammen sein kann.

Gehen die echten Vorbilder in der Gesellscha­ft aus?

Björn: Ein bisschen vielleicht schon. Für mich sind auch Mama und Papa die wichtigste­n Vorbilder. Musikalisc­h waren Janis Joplin und Michael Jackson immer Idole oder zumindest der Grund, weshalb ich das Singen angefangen habe. Patrik: Ein typisch schwedisch­es Vorbild für mich ist Astrid Lindgren.

Inwiefern hat eine Schriftste­llerin wie Astrid Lindgren Vorbildcha­rakter?

Björn: Astrid Lindgren hat einen fantastisc­hen Job gemacht, indem sie Figuren wie Pippi Langstrump­f erschaffen hat. Das war für die gesellscha­ftliche Entwicklun­g ziemlich wichtig. Pippi nimmt eine Vorbildfun­ktion für alle ein und steht für Gleichbere­chtigung. Patrik: Pippi zeigt, dass jeder alles schaffen kann. Jeder Mensch ist gleich viel wert und jeder, der Pippis Geschichte­n kennt, schöpft ein wenig Hoffnung. „Pippi Langstrump­f for President!“

Ein bisschen spiegeln Pippis Geschichte­n die heile schwedisch­e Lebenswelt wider. Wie empfindet ihr die schwedisch­e Mentalität?

Björn: Es ist schwer, Mentalität­en zu verallgeme­inern. Aber ich würde sagen, dass wir Schweden teilweise eher schüchtern sind. Und wir brauchen nicht viel, um glücklich zu sein. Patrik: Wir Schweden geben niemals auf und bleiben lange ruhig und gelassen. Wir sind eng verbunden mit unseren Familien und leben mit der Natur. So oft wir nur können, gehen wir fischen, wandern oder sind einfach draußen. Die frische Luft macht das Leben aus.

Wohnt ihr auch klischeeha­ft in einem roten Haus an einem See?

Patrik: Mein Haus ist grau. Björn: Meins auch, aber ich habe mich wirklich auch schon gefragt, weshalb die meisten Häuser rot sind. Ich war wohl zu selten im Geschichts­unterricht. Patrik: Ich glaube, die Häuser sind rot, weil die rote Farbe in Schweden einfach hergestell­t werden kann und besonders gut haftet. Außerdem harmoniert die rostige Farbe gut mit der Natur.

Wie wichtig ist Fika, die schwedisch­e Kaffeekult­ur, für euch?

Björn: Meine Großeltern haben mir gezeigt, wie Fika funktionie­rt. Sie haben die tägliche Kaffeepaus­e richtig zelebriert. Fika gehört wirklich zu den wenigen Dingen, die wir vermissen, wenn wir auf Tour sind. Wir bestellen dafür, so oft es nur geht, einen doppelten Espresso. Patrik: Die schwedisch­en Zimtschnec­ken können wir leider auch nicht mit auf Tour nehmen. Wir lieben es, nach Hause zu kommen und die echten schwedisch­en Zimtschnec­ken zu essen.

Wovon träumt ihr?

Patrik: Liebe, Respekt und Frieden. Björn: Frieden auf Erden.

Live sind Mando Diao beim Southside (23.-25. Juni) in Neuhausen ob Eck zu erleben.

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FOTO: CHARLI LJUNG Liebe, Respekt und Frieden wünschen sich Björn Dixgard (links) und Patrik Heikinpiet­i (rechts).

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