Herrschen ohne Kompromiss
Vor 300 Jahren wurde Maria Theresia geboren
BONN (KNA) - „Strategin – Mutter – Reformerin“– unter diesen Stichworten feiert Österreich derzeit den 300. Geburtstag der Monarchin Maria Theresia. Am 13. Mai 1717 wurde sie geboren. Als sie 1780 starb, hatte sie zwar Schlesien an Preußen verloren, zugleich aber ein verlottertes Vielvölkerreich stabilisiert und erste Grundlagen für einen modernen Staat geschaffen.
Maria Theresia war Erzherzogin von Österreich und unter anderem Königin von Ungarn und Böhmen. 23-jährig bestieg sie 1740 den Habsburger-Thron. Römisch-Deutsche Kaiserin konnte sie nicht werden; diese Rolle übernahm ab 1745 ihr Mann, Franz I. Stephan.
„Sie war eine überaus selbstbewusste Regentin, vom göttlichen Auftrag ihrer Dynastie fest überzeugt. Dieser Glaube verlieh ihr die Zuversicht, sich auch in aussichtsloser Lage zu behaupten, etwa jahrelang kompromisslos Krieg um ihr Erbe zu führen und Reformen durchzusetzen.“So charakterisiert die Münsteraner Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger in ihrer preisgekrönten Biografie die einzige weibliche Regentin der Habsburger.
Stollberg-Rilinger entzaubert den Mythos Maria Theresia: Er sei zu einer Zeit entstanden, als die Habsburger Monarchie im 19. Jahrhundert bereits zu bröckeln begann. „Der Mythos beschreibt Maria Theresia als Herrscherin der Herzen, die ihre Kinder und Untertanen liebte, als Heldin, die Recht gegen Macht verteidigte, als fromme Regentin, die die Religionsausübung stärkte“, schreibt die Historikerin.
In Wirklichkeit habe sie ihre 16 Kinder auch mit Schonungslosigkeit erzogen, sie nach Macht-Gesichtspunkten verheiratet und sei unerbittlich gegen Andersgläubige vorgegangen. Zum Schutz der „wahren katholischen Religion“habe die Habsburgerin Protestanten in Konversionshäusern umerziehen oder deportieren lassen, so Stollberg-Rilinger. 1744 wies Maria Theresia rund 20 000 Juden aus Prag aus.
Maria Theresia, die sich „um alles selbst kümmerte und Tag und Nacht am Schreibtisch verbrachte“, verdoppelte die Armeestärke und reformierte das Heer. Adel und Kirche mussten erstmals Steuern zahlen; 1774 führte sie eine allgemeine Unterrichtspflicht ein.
Das alles geschah nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern um einen obrigkeitlichen Verwaltungsstaat zu schaffen. In der Schule sollten die Zöglinge Untertänigkeit gegenüber Gott und den Herrschenden lernen. Null Toleranz zeigte die als temperamentvoll und jähzornig beschriebene Kaiserin auch in ihrem Kampf gegen Unsittlichkeit. Sie installierte sogar ein Keuschheitsgericht.
Kompliziert wurde es für Maria Theresia, als nach dem Tod ihres Ehemannes 1765 ihr Sohn Joseph II. Kaiser und Mitregent wurde. Die josephinischen Reformen verurteilte Maria Theresia. Am Ende schien sie wie aus der Zeit gefallen. Sie starb am 29. November 1780 mit 63 Jahren in Wien an einer Lungenentzündung.