Kanzler Schulz? Eine Illusion
An Schwarz-Gelb hat keiner mehr gedacht. Plötzlich ist eine Koalition zwischen CDU und FDP wieder eine Option. Nicht irgendwo im Nirgendwo, sondern im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW. Für die SPD bedeutet das schlechteste Wahlergebnis der Nachkriegszeit an Rhein und Ruhr, dass die von den Sozialdemokraten erträumte Bundesregierung unter Führung von Parteichef Martin Schulz eine Illusion ist. Von der verheerenden Niederlage in Düsseldorf werden sich die Genossen in vier Monaten nicht erholen.
Beobachter bemühen „Schockwellen“und „Erdbeben“und tatsächlich sind diese sprachlichen Bilder, die häufig übertrieben wirken, zutreffend. Die krachend abgewählte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ist als SPD-Landesvorsitzende binnen weniger Minuten zurückgetreten. Durchhalteparolen werden aus dem Willy-Brandt-Haus verbreitet. Landespolitische Entscheidungen seien für das Desaster verantwortlich, heißt es nun. Persönlicher Respekt wird geheuchelt, auf Kraft jedoch die Schuld abgeladen.
Das ist der durchsichtige Versuch, den Druck von Schulz zu nehmen. Denn so kurz vor der Bundestagswahl kann der Spitzenkandidat nicht aufgeben, auch wenn unter seiner Ägide drei Wahlen hintereinander vergeigt wurden. Schulz wirkt hilflos mit dem Hinweis, die Kampagne für die Bundestagswahl habe noch gar nicht begonnen, er wolle nun seine Positionen konkretisieren. Mit linker Umverteilungsrhetorik haben SPD und Grüne vor vier Jahren bereits die Bundestagswahlen verloren. Es deutet alles darauf hin, dass die SPD aus Verzweiflung und Ratlosigkeit diesen Weg wieder beschreiten will.
Und die Union? Die CDU hat mit einem liberalen Spitzenkandidaten, der immer loyal zur Politik der Bundeskanzlerin stand, einen glasklaren Wahlsieg eingefahren. Angela Merkel kann zufrieden sein und ihre internen Kritiker einmal mehr zur Räson rufen. Auch die FDP kann jubeln und wird mit Nordrhein-Westfalen im Rücken wieder zu einem Faktor der deutschen Politik. Für Christian Lindner sieht es gut aus.