Zu laut, zu schnell, zu tief: Polizei schaut Tunern genau aufs Fahrwerk
Systematische Kontrollen in Ulm alle sechs bis acht Wochen – Hohe Trefferquote
- Dicker Auspuff, heulender Motor: Viele Menschen leiden unter lärmenden Autos in den Innenstädten. In Ulm wie in manch anderen Städten im Südwesten gehen Polizei und Kommunen in die Offensive. Lösen Verbote und Kontrollen das Problem? Die Ulmer Polizei hat eine klare Antwort: Alle sechs bis acht Wochen schauen sich die Beamten getunte Fahrzeuge besonders genau an.
Ben, der Fahrer eines auffällig getunten Autos, lässt den Motor röhren und die Reifen quietschen. Es wird laut vor der Ampel auf der Frauenstraße. Sehr laut. Auf dem Ring um die Ulmer Innenstadt trifft sich die südwestdeutsche Tuner- und Autoposerszene gerne. „Wir haben Kollegen, die dort wohnen und genauso genervt sind wie alle anderen Anwohner“, sagt Polizeikommissar Wolfram Bosch von der Pressestelle des Ulmer Polizeipräsidiums. Immer öfter werde die Polizei gerufen.
Doch häufig ist von dem getunten Fahrzeug nichts mehr zu sehen, wenn die Polizei eintrifft. Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, das sich die Tuning-Szene und die Polizei nicht nur an diesem Abend liefern.
Die Treffen der Autofans sorgen in Ulm, Mannheim, Stuttgart, Singen und in weiteren Städten bundesweit seit Langem für Ärger, nicht nur am sogenannten Car-Freitag. Die Teilnehmer kommen freitags in Industriegebieten oder – wie in Ulm in der Innenstadt – zusammen. Sie verabreden sich im Internet oder schauen spontan vorbei. Das allein wäre kein Problem. Die eher harmlosen Folgen: Müll, Lärmbelästigung und Sachbeschädigung.
Nicht immer bleibt es beim gegenseitigen Bestaunen der Fahrzeuge. Manche Fahrer liefern sich illegale Rennen – die bisweilen ein Opfer forderten. In Ulm gab es im vergangenen Jahr einen schwer verletzten Radfahrer.
Auch in anderen Städten sorgen die Autofans für Ärger. In Stuttgart beschlagnahmte die Polizei im vergangenen Jahr 59 hochgetunte Autos. Bei 78 Fahrzeugen sei die Betriebserlaubnis entzogen worden. „Ein durchschnittliches Jahr“, sagt Polizeisprecher Joachim Knoefel. Die Autos waren derart aufgemotzt, dass die Sicherheit gefährdet war. Teils seien immer wieder die gleichen Fahrer betroffen. Wer „diese Lebensphilosophie“habe und viel Geld ins Auto stecke, für den sei es anscheinend schwer, sich nicht zeigen zu wollen. Mit Tempolimits und Fahrbahnschwellen versuche man, dem Problem Herr zu werden. Vieles werde aber nur in andere Straßen verdrängt, sagt Knoefel. Eben dorthin, wo sie eine Kulisse haben, Straßencafés, Zuschauer.
In Ulm geht die Polizei einen anderen Weg und kontrolliert die Autofans systematisch. Rund drei Stunden dauern die alle sechs bis acht Wochen stattfindenden Aktionen, bei denen ein besonderer Blick auf die Tuning-Szene geworfen wird. Neben der Ulmer Polizei sind immer auch Spezialisten der Verkehrspolizei und ein Gutachter beteiligt. In diesen drei Stunden überprüfen die Beamten etwa 20 Fahrzeuge eingehend. „Wir ziehen einschlägig auffallende Autos aus dem Verkehr“, sagt Wolfram Bosch vom Ulmer Polizeipräsidium. Die Trefferquote sei hoch.
Die ernüchternde Bilanz verdeutlicht ein Beispiel aus dem vergangenen Jahr: Nur vier der kontrollierten 20 Autos waren in Ordnung. Die Fahrer durften nach der Kontrolle ohne Weiteres weiterfahren. Die anderen 16 Fahrzeuge aber wiesen teils gravierende Mängel auf. Zwei der Autos zog die Polizei komplett und sofort aus dem Verkehr. Sie hatten durch unzulässige Umbauten so haarsträubende Mängel, dass die Fahrzeuge nicht mehr verkehrssicher waren. An den anderen acht Autos war die Betriebserlaubnis erloschen. Der Abschleppdienst hatte an diesem Abend gut zu tun. Ein Polizeisprecher berichtet: „Fast an allen Autos waren die Räder nicht in Ordnung. Daneben fielen Mängel an Stoßdämpfern oder am Luftfilter auf.“Der Schwerpunkt lag bei einer anderen Kontrolle bei nicht zugelassenen Reifen, tiefergelegten Fahrwerken und zu lauten Fahrzeugen durch veränderte Auspuffanlagen.
Mängel müssen beseitigt werden
Die Fahrer müssen nach den Kontrollen die Mängel beheben lassen und dies innerhalb weniger Wochen auch nachweisen. Oder sie müssen das Auto abmelden.
„Daneben sehen sie Anzeigen und einem beträchtlichen Bußgeld sowie Punkten entgegen“, sagt Kommissar Bosch. Ein Gutachter wird die Fahrzeuge genau unter die Lupe nehmen. Die Kosten haben die Eigentümer zu tragen. Die Ulmer Polizei will die Kontrollen auch in den kommenden Wochen und Monaten fortsetzen. „Sie sind ein wichtiger Baustein im Bestreben der Polizei, für mehr Sicherheit auf der Straße zu sorgen. Und das Ergebnis zeigt, dass dies notwendig ist“, sagt der Polizeisprecher.