Die Wiederkehr des Kapitäns
Auch dank Per Günther übernehmen Ulms Basketballer die Führung im Viertelfinale
- Mit Per Günther war zuletzt nicht viel los. So ist das halt als Sportler, wenn man an einer hartnäckigen Rückenverletzung leidet und Mühe hat, wieder in Tritt zu kommen. Seit sich der Ulmer Kapitän Ende Januar zurückmeldete, glückten ihm nur 4,3 Punkte im Schnitt pro Spiel, zwei Drittel weniger als gewöhnlich, allerdings durfte der 29-Jährige auch nur halb so lang ran. Am Mittwoch in Ludwigsburg schaffte der Ulmer Spielmacher gerade mal zwei Punkte, nur einer seiner sechs Würfe fand ins Ziel. Gut für Ulm, dass so eine Schwäche des Kapitäns im Gegensatz zu früher kaum auffällt – Ersatz Braydon Hobbs etwa vertrat Günther so gut, dass Ulm während der Hauptrunde immerhin den deutschen Siegesserienrekord brach.
Doch jetzt sind Play-offs – und Ulm ist, auch dank Günther, wieder zurück in der Spur. Beim 87:76 (43:39) im dritten Viertelfinalspiel der Best-of-Five-Serie am Samstag in Ulm machte der Kapitän 21 Zähler in 26 Minuten, darunter fünf Dreier bei sechs Versuchen. Es war seine beste Leistung seit Oktober. Ulm führt die Serie nun 2:1 an. Neben Chris Babb (20 Zähler, sechs Rebounds, 26 Effizenzpunkte) war Günther der überragende Mann seines Teams. Vor allem im zweiten und dritten Viertel, als die Ulmer ihren komfortablen 13Punkte-Vorsprung vom Start (15:2) wieder verspielt hatten, war Günther derjenige, der die anderen mitriss. Nicht alles klappte, der Regisseur leistete sich auch vier Ballverluste, aber er gab nicht auf, und als der erste Dreier fiel, schien auch das Glück zurückzukommen. Einmal rutschte Günther aus, prompt flog ihm ein Rebound in den Schoß – da kann man nicht meckern.
Günther hatte zuvor ein bemerkenswert ehrliches Interview gegeben, wie schwer es auch psychisch ist, sich nach Jahren als Zugpferd mit der neuen Ersatzrolle anzufreunden. Als er am Samstagabend auf der roten Couch beim Fantalk in der Ulmer Arena das neue Per-Günther-Sondertrikot erblickte, gelang es ihm immerhin bereits wieder, mit seiner Lage zu kokettieren. „Es ist lustig, dass das T-Shirt gerade jetzt rausgeht. Aber vielleicht ist das wie mit den Aktien, man muss sie kaufen, wenn der Kurs im Keller ist. Insofern überrascht es mich, dass es 25 Euro kostet, ich dachte, das gibt’s für 13,50.“Wer auf Selbstironie steht, der kommt bei Per Günther stets auf seine Kosten.
Leibenath Trainer des Jahres
Ansonsten dankte er den Fans, „die mit mir gezittert und mitgefiebert haben und mir so einen Abend offenbar zwischenmenschlich besonders gegönnt haben – ich hoffe, das wird so schnell nicht mehr nötig sein“. Auch die Geduld von Trainer Thorsten Leibenath, von der Liga soeben zum Trainer des Jahres gekürt, machte sich bezahlt. Seit den Play-offs steht Günther wieder in der Startfünf, im dritten Viertelfinale zahlte der Kapitän das Vertrauen zurück. Für Leibenath war das ohnehin nur eine Frage der Zeit: „Per hat gut gespielt, nichts, was außergewöhnlich ist, was mich zu einem besonderen Statement hinreißen lässt. Per ist ein toller Spieler, er hat in den letzten Partien vielleicht ein bisschen weniger gescort, ich hatte aber keinen Deut weniger Vertrauen in ihn. Heute hat er eine Wurfleistung gezeigt, die er jederzeit bringen kann. Natürlich war es wichtig, seine Punkte konnten wir gut gebrauchen. Aber wir sollten nicht zu verwundert sein. Das ist der Per Günther, den wir alle kennen“, sagte er.
Und den die Ulmer brauchen für eine echte Titelchance. Im vierten Duell in Ludwigsburg am Dienstag (20.30/telekombasketball.de) könnte Defensivspezialist Taylor Braun fehlen – der Rücken. Auch Da'Sean Butler fällt weiter aus. Viel darf nicht mehr passieren, und die Personallage wird wieder eng. „Ich hoffe, dass wir uns hier nicht mehr wiedersehen“, sagte Ulms Trainer. Er will möglichst schnell ins Halbfinale, Energiesparen.