Robben verhindert die Wachablösung
5:4 in Leipzig – Bayern gewinnt das aufregendste Spiel der Saison in der Nachspielzeit
(dpa/SID/sz) - Wer weiß, was passieren würde, wenn die Spieler des FC Bayern München sich im September bei der Bundestagswahl um 18.05 Uhr am Wahllokal einfinden würden. Wenn es bei politischen Wahlen zugehen würde wie bei Spielen in der Bundesliga, müssten sie auch fünf Minuten nach der Zeit eigentlich noch ihre Kreuzchen machen dürfen. Bayern hat in dieser Saison schließlich bereits acht Tore ab der 90. Minute erzielt – Rekord. Spaß beiseite, im Fußball ist ein Spiel erst dann vorbei, wenn der Schiedsrichter abpfeifft. Und dieses wahnwitzige, irre schnelle und in allen Belangen spektakuläre Spiel in Leipzig am Samstag verdiente fünf Minuten Nachspielzeit. Allein schon wegen der zwei Treffer, die Bayern da noch gelangen. Allein schon wegen des Kusses von Trainer Carlo Ancelotti, den Arjen Robben nach seinem Solotreffer in der fünften Minute der Nachspielzeit zum 5:4 für die Bayern bekam.
Fingerzeig für die Zukunft
So oder so: Dieses spektakuläre 5:4 (1:2) des Meisters beim Emporkömmling aus Leipzig war das aufregendste Spiel der Saison und wohl auch ein klarer Fingerzeig für die Zukunft. Der FC Bayern könnte in dem neuen Vizemeister einen weiteren Dauerrivalen gefunden haben – neben Borussia Dortmund. Und auch wenn die Münchner am Ende die Nase vorn hatten, hatte das Spiel über weite Strecken etwas von einer Wachablösung. 2:4 lagen die Münchner in der 84. Minute noch hinten, und das völlig verdient. Leipzig hatte das bayerische Starensemble mit seinem Hochgeschwindigkeitsfußball phasenweise sogar vorgeführt. „Das hätten sie lieber sein lassen sollen“, sagte Bayerns Angreifer Thomas Müller, „das hat sich gerächt.“
Marcel Sabitzer (2.), Timo Werner (29./Foulelfmeter, 65.) und Yussuf Poulsen (47.) hatten die Treffer für Leipzig erzielt. Ein umstrittener Elfmeter, verwandelt durch Robert Lewandowski (17.), und ein Treffer von Thiago (60.) – mehr war gegen kaum aufzuhaltende Leipziger zunächst trotz topbesetzter Bayern nicht drin. Bis Lewandowski in der 84. Minute mit seinem 30. Saisontor sie wieder heranbrachte. Bis David Alaba (90.+1) mit einem Traum-Freistoß ausglich. Bis Robben (90.+5) eben mit einem seiner berüchtigten Solos traf und sich sein Küsschen abholte. „Wenn der Erste gegen den Zweiten spielt, dann musst du zeigen, dass du besser bist. Wir haben es gezeigt, egal ob es am Anfang gut war oder nicht“, sagte Lewandowski. „Es ist erst vorbei, wenn wir sagen, dass es vorbei ist“, schriebThiago bei Twitter. Ein Spiel, das Züge eines Klassikers hatte.
„Glückwunsch an die Bayern für diesen Wahnsinnssieg, Glückwunsch an alle, die ins Stadion gekommen sind. Ich glaube, dieses Stadion hat so ein Spiel noch nicht gesehen – und ich auch nicht“, sagte RBTrainer Ralph Hasenhüttl nach dieser Partie, gegen die eine Achterbahnfahrt wie ein Kinderkarussell wirkte. Im Überschwang ließ er sich dann noch zu dieser Aussage hinreissen: „Wir haben zwar keine Punkte gewonnen, aber Herzen und Sympathien.“Was freilich noch zu beweisen wäre, an mitreißendem Fußball hat es den Leipzigern in dieser Saison ja eher selten gemangelt. Die Vorbehalte vieler Anhänger gegen den Brauseclub hatten – und haben – andere Gründe.
Wie auch immer: Die eigenen Fans feierten die Leipziger Himmelsstürmer auch beim anschließenden Fest vor dem Stadion frenetisch.