Im Dienste der Wahrheit
Robert Mueller ist zum Sonderermittler in der Russland-Affäre ernannt worden – Trump spricht von „Hexenjagd“
- Robert Swan Mueller III, heißt es, könnte an jedem Kneipentresen einen Whiskey trinken, ohne Gefahr zu laufen, dass ihn jemand erkennt. Selbst in Washington, einer Stadt, die mit der Politik verheiratet ist. Medienscheu, distanziert und hochdiszipliniert, einst Offizier der Marineinfanterie, meidet er das Rampenlicht, wo es nur geht.
Zwölf Jahre lang war der gebürtige New Yorker Direktor der Bundespolizei FBI, 2013 verabschiedete er sich, um sich in der Anwaltskanzlei Wilmer Hale um knifflige Fälle zu kümmern, etwa um den Vergleich zwischen Volkswagen und amerikanischen Klägern in der Abgas-Affäre. Seit Mittwochabend steht er zentraler im Scheinwerferlicht als je zuvor. Als Sonderermittler soll der 72-Jährige untersuchen, was dran ist an Vorwürfen, nach denen Wahlkampfberater von Donald Trump geheime Absprachen mit dem Kreml trafen, um der Kontrahentin Hillary Clinton zu schaden.
Dem Druck gebeugt
Trump burschikos dementierte Begründung für den Rauswurf Comeys lieferte. So gesehen ist die neueste Wendung des Dramas auch ein Versuch, angekratztes Image aufzupolieren und die Unabhängigkeit der Justiz zu unterstreichen.
Das Oval Office war, auch das ist ein klares Signal, in die Entscheidung nicht eingebunden. Es wurde erst informiert, als die Personalie beschlossene Sache war, eine halbe Stunde bevor Rosenstein damit an die Öffentlichkeit ging. Offenbar kalt erwischt, brauchte die Machtzentrale nicht weniger als neunzig Minuten, um mit einem Statement zu reagieren. Eine gründliche Ermittlung werde nur bestätigen, was man bereits wisse, nämlich, dass es keine Geheimkooperation zwischen seiner Kampagne und dem Ausland gegeben habe, ließ Trump erklären. Er erwarte, dass die Angelegenheit schnell zu Ende gebracht werde.
Den Gefallen dürfte ihm Mueller nicht tun, es würde nicht zu seinem Ruf passen, ein unbestechlicher, mit der Präzision eines Uhrwerks arbeitender Aufklärer zu sein. Zudem lehrt alle bisherige Erfahrung mit Sonderermittlern, dass sich die Sache hinziehen kann und mitunter neue Untersuchungsobjekte in den Fokus geraten. Kenneth Starr etwa wurde in den Neunzigern eingesetzt, um ein Grundstücksgeschäft Bill und Hillary Clintons unter die Lupe zu nehmen. Es endete mit der – auf halber Strecke gescheiterten – Amtsenthebung Bill Clintons, der über seine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky nicht die Wahrheit gesagt hatte.
Dass sich Mueller jedenfalls nicht unter Zeitdruck setzen lässt, weiß wohl auch Trump. So gelassen seine erste Erwiderung klang, am Donnerstagmorgen war er wieder der Alte. Es handle sich um „die größte Hexenjagd auf einen Politiker in der amerikanischen Geschichte“, twitterte der Präsident.