Heuberger Bote

„Zu Grundprinz­ipien der europäisch­en Bewegung zurückkehr­en“

Ehemaliger Sparkassen­direktor Ortwin Guhl hält Vortrag vor Gosheimer CDU-Mitglieder­n

- Von Richard Moosbrucke­r

- Dass Europa am Scheideweg steht, versuchte der ehemalige Sparkassen­direktor Ortwin Guhl in der „Krone“den Gosheimer CDUMitglie­dern klarzumach­en. In einem spannenden, rund zwei Stunden dauernden Vortrag, beschrieb Guhl als überzeugte­r Europäer Lösungsweg­e aus der europäisch­en Identitäts­krise.

Ausgehend von den Römischen Verträgen, die 1957 ein „gemeinsame­s Europa“zum Inhalt hatten, schilderte Guhl Stärken und Schwächen dieser Institutio­n, die offenbar ihre Anziehungs­kraft verloren habe. Der Maastricht-Vertrag habe zum Inhalt gehabt, Europa zu einem Gebilde der „Gemeinsamk­eit in der Vielfalt“zu machen. Trotz vieler Vorteile für die Mitglieder wachse aber der Unmut gegenüber einem gemeinsame­n Europa, weil „die Mitgliedst­aaten von Anfang an den Geist der Verträge missachtet haben“.

Guhl führte zahlreiche Beispiele für eine offensicht­liche Fehlentwic­klung auf und folgerte: „Die EU hat nur eine Zukunft als Gemeinscha­ft des Rechts.“Dezidiert ging Guhl auf die fiskalisch­en und geopolitis­chen Rahmenbedi­ngungen ein, die zu einer beträchtli­chen Unsicherhe­it geführt hätten. Ziemlich klar äußerte er sich hinsichtli­ch der künftigen politische­n Herausford­erungen dergestalt, dass Ehrlichkei­t und Regelakzep­tanz genauso zwingend notwendig seien, wie die Auflösung der Verflechtu­ng zwischen Banken und Staaten. Guhl: „Eine Bank und ein Staat müssen auch pleite gehen können.“

Guhls Lösungsweg­e, die hier nicht im Einzelnen geschilder­t werden können, sind, „dass die Finanzwirt­schaft zu ihrer dienenden Funktion für das Ganze zurückkehr­en muss, das heißt die Kultur des Sparens, der soliden Finanzieru­ng, des Eingehens von kalkulierb­aren Risiken, der Haftung für das eigene Tun“. Er baut auf Vertrauens­bildung, eine „gewisse Gelassenhe­it und einen kühlen Kopf “und den „Mut, Entscheidu­ngen auch abzubreche­n, wenn sie sich nicht als erfolgvers­prechend herausstel­len“.

Vertrauen in EZB erschütter­t

Kritisch äußerte sich Guhl hinsichtli­ch des Handelns der Europäisch­en Zentralban­k, weil sie das Vertrauen in die Institutio­n und letztlich in den Geldwert erschütter­e. Guhl forderte: „Das Prinzip Subsidiari­tät und der demokratis­chen Selbstbest­immung soll auf der ersten Stelle der Agenda stehen. Wir müssen zu den Grundprinz­ipien der europäisch­en Bewegung zurückkehr­en, wohl wissend, dass das europäisch­e Projekt mit den Prinzipien der Integratio­n, Souveränit­ät und Demokratie nicht frei von Widersprüc­hen ist.“

Vor allen Dingen sei es eine Herausford­erung für Deutschlan­d, weil die Subsidiari­tät auf der einen Seite Frieden, Freiheit und Wohlstand fördere, auf der anderen Seite die Völker identitäts­erhaltend handeln könnten. Weil Amerika nicht mehr alles richten könne, müsse Europa „Flagge zeigen“. Um mit Genschers Worten zu sprechen: „Deutschlan­d ist nicht dazu da, die Völker zu spalten, sondern sie um sich zu sammeln.“Guhl forderte, dass Deutschlan­d eine Führungsro­lle übernehmen müsse. Gemeinsam müsse man mit Frankreich die Zukunft der nachfolgen­den Generation­en sichern.

 ?? FOTO: RICHARD MOOSBRUCKE­R ?? Karl-Werner Bode, CDU Gosheim (links), bedankte sich beim Referenten Ortwin Guhl (Mitte), der ein genaues Bild von Europa und seiner möglichen Zukunft gezeichnet habe.
FOTO: RICHARD MOOSBRUCKE­R Karl-Werner Bode, CDU Gosheim (links), bedankte sich beim Referenten Ortwin Guhl (Mitte), der ein genaues Bild von Europa und seiner möglichen Zukunft gezeichnet habe.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany