„Sie können gar nicht wissen, was der andere sagt“
Peter Brandl klärt in der Reihe „Die Erfolgsmacher“über die Tücken zwischenmenschlicher Kommunikation auf
(hör) Managercoach und Berufspilot Peter Brandl hat am Donnerstag seinen Zuhörern in der fast vollbesetzten Angerhalle Ursachen und Auswirkungen der Unzuverlässigkeit zwischenmenschlicher Kommunikation vermittelt. Der Referent des dritten „Erfolgsmacher“-Vortrags 2017 kennt aus seinem Berufsleben die Grundlagen sicherer Verständigung: Im Cockpit kann sich niemand Missverständnisse leisten.
„Zwischenmenschliche Kommunikation ist unzuverlässig. Das eigentliche Problem ist, dass wir nicht auf dem Schirm haben, dass sie schiefgehen kann.“Brandl illustriert seine Thesen mit zahlreichen Geschichten aus seiner Berufserfahrung als Pilot und Wirtschaftscoach.
Die Brisanz unserer Kommunikation führt Brandl seinen Zuhörern vor Augen: Per Handzeichen beantworten sie drei Fragen zu vier Sätzen, die er zuvor vorgelesen hat. Nicht bei einem einzigen gibt es Übereinstimmung im Saal. „Wir hören alle was anderes“, erklärt er. Das Gehirn filtere vermeintlich unwichtige Informationen vorab heraus und verzerre die Wahrnehmung. Doch damit nicht genug: Es ergänze in einer Art „Autorepair“Informationen, die in Momenten der Unaufmerksamkeit verloren gehen – allerdings ohne auf diesen Vorgang aufmerksam zu machen.
„Wenn etwas in der Fliegerei passiert, ist es meist nicht wegen der Technik, sondern wegen der Menschen. “Fehlgeschlagene Kommunikation sei auch in der Luftfahrt häufige Ursache für Krisensituationen. Im Lauf des Abends zeigt Brandl Parallelen zwischen dem Führen eines Flugzeugs, eines Unternehmens oder einer Familie auf. Im Idealzustand sei es keine Kunst, alle drei Bereiche erfolgreich abzudecken. Selbst ein Verkehrsflugzeug könne jeder landen – mit Anleitung und unter idealen Bedingungen.
Systematische Vorbereitung nennt Brandl als Voraussetzung, um diese Aufgaben auch unter schlechten Rahmenbedingungen zu erfüllen. Als Beispiel nennt er die Piloten, die im Januar 2009 mit ihrer Notlandung im Hudson River 155 Menschen das Leben retteten. Gleich nach dem Start war ihr Airbus über dicht besiedeltem Gebiet in einen Schwarm von Gänsen geraten. „Zwei Triebwerke fielen aus – das sind bei diesem Flugzeug alle.“Brandl führt die „WorstCase“-Situation bildlich vor Augen, in der die Piloten dank schnellem, zuvor immer wieder simuliertem Krisenmanagement richtig reagiert hätten.
Ähnlich könne sich jeder auf schwierige Gespräche vorbereiten. Zuhören, seinen Gegenüber ernst nehmen, die eigenen Versprechen halten, authentisch sein – damit baue man eine Beziehung auf. Und die sei entscheidend für einen erfolgreichen Gesprächsverlauf.
Um sicher zu kommunizieren, träfen Piloten im Cockpit keine Entscheidung ohne Vorankündigung, Check und Gegencheck. „Im echten Leben“hält Brandl diese mehrfache Absicherung allerdings für „overdressed“. Stattdessen empfiehlt er offene Fragen als wirksames Mittel zur sicheren Kommunikation, besonders, wenn das Gespräch zu entgleiten droht. Zuverlässig funktioniere: „Was genau erwarten Sie jetzt von mir?“oder „Was müsste ich tun, damit ...?“.
Allerdings übernehme in Stresssituationen – wie in schwierigen Gesprächen – das Stammhirn die Kontrolle über Angriff oder Rückzug. Das Großhirn, das für „offene Fragen“zuständig sei, mache dann Pause. Deshalb müsse man sich diese Fragen in Ruhe zurechtgelegt haben, um sie automatisch abrufen zu können. Den Haken an der Sache liefert der Coach gleich mit: „Sie müssen dann auch bereit sein, die Antworten zu hören – auch wenn Sie Ihnen vielleicht nicht gefallen.“