Der Scharfmacher frisst Kreide
Kein Zweifel, Donald Trump hat manches Richtige gesagt. Es stimmt, dass die islamischen Länder mehr tun müssen, um das Übel des islamistischen Extremismus zu bekämpfen. Es hat etwas Beruhigendes, wenn er versichert, Amerika wolle andere weder belehren noch ihnen seinen „Way of Life“aufzwingen. Es entspricht ausnahmsweise den Fakten, wenn er betont, dass die Opfer des Terrors zu 95 Prozent Muslime sind. In manchen Passagen klang er kaum anders als Barack Obama, der sich 2009 in Kairo an die islamische Welt wandte. Nur ist es eben nicht glaubwürdig, wenn solche Sätze ausgerechnet aus seinem Mund kommen.
Es war Trump, der im Wahlkampf Hysterie schürte, indem er ohne jede Differenzierung davon sprach, dass der Islam Amerika hasse. Es war Trump, der einen Einreisestopp für Muslime verlangte. Schließlich war es der Kandidat Trump, der nahezu täglich vom radikalen islamischen Terrorismus sprach. Nun hat der Scharfmacher Kreide gefressen, allerdings fehlt der Wandlung die Gravitas. Eher verrät sie den Immobilientycoon, der seine Slogans stets dem jeweiligen Geschäft anpasst. Hauptsache, am Ende stimmt der Gewinn. Dass das Königshaus in Riad 110 Milliarden Dollar locker macht, um US-Rüstungsgüter zu kaufen, trug sicher dazu bei, den Gast aus Washington freundlich zu stimmen.
Die Saudis werden jubeln, dabei hat es etwas Absurdes, wie Trump dem Iran sämtliche Schuld in die Schuhe schiebt. Einem Land, das weit davon entfernt ist, der Hauptsponsor des Terrorismus zu sein, zu dem Trump es stempelt. Als wäre der IS, eine Miliz fanatischer Sunniten, eine Kreatur der schiitischen Ayatollahs in Teheran. Als hätte Saudi-Arabien, das gedanklich rückständigste Land der Region, damit nur am Rande zu tun. Die plumpe Polemik verkennt nicht nur die Realität, sie deutet auch einen verhängnisvollen Kurswechsel an. Hatte Obama versucht, die Iraner aus der Kälte zu holen, so drängt Trump sie erneut in die Ecke der Ausgestoßenen. Gefährlich wird es, wenn er das mühsam ausgehandelte Atomabkommen kündigt.