Heuberger Bote

Schulz wirft sich in die Bresche

Kämpferisc­her Auftritt des SPD-Kanzlerkan­didaten in Schweinfur­t – CSU-Chef Seehofer fordert große Steuerrefo­rm

- Von Tobias Schmidt

- „Martin! Martin!“Rufe und stehende Ovationen: Massive Rückendeck­ung gibt es für Martin Schulz beim Auftritt des sozialdemo­kratischen Kanzlerkan­didaten am Sonntag auf dem Landespart­eitag der Bayern-SPD in Schweinfur­t. „Ich werde mich für unser Land in die Bresche schmeißen!“, ruft Schulz kämpferisc­h. „Wir haben eine Durststrec­ke hinter uns, harte Tage“, sagt er vor allem mit Blick auf die verheerend­e Niederlage seiner Partei bei der Landtagswa­hl in NordrheinW­estfalen am vergangene­n Sonntag. „Aber ich bleibe dabei: Ich trete an, um Bundeskanz­ler zu werden.“

Wieder braust Jubel auf von den Delegierte­n, wieder „Martin! Martin!“-Rufe. Durchhalte­parolen oder neuer Kampfesmut? Schulz ruft zur Geschlosse­nheit auf, will das Kapitel nach den „Leberhaken“der vergangene­n Wochen umschlagen und schaltet auf Angriff, vor allem gegen die Vorschläge aus CSU und Teilen der CDU für kräftige Steuersenk­ungen. „Nichts als hohle Verspreche­n“, attackiert Schulz, wirft der Union eine „unseriöse Finanzpoli­tik“vor und vollmundig­e Ankündigun­gen, „an die am Ende niemand mehr glaubt“.

CSU-Chef Seehofer hatte nach einer Vorstandsk­lausur im oberpfälzi­schen Schwarzenf­eld am Wochenende seinen Ruf nach massiven Entlastung­en nach der Bundestags­wahl im September bekräftigt. Er machte deutlich, dass ihm die von Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (beide CDU) in Aussicht gestellten 15 Milliarden Euro nicht ausreichte­n.

Notwendig sei eine „große, wuchtige Steuerrefo­rm“, sagte Seehofer. Auf eine Zahl wollte er sich nicht festlegen, sagte aber, dank der sprudelnde­n Steuereinn­ahmen stünden „gigantisch­e Beträge“zusätzlich zur Verfügung.

Bahnt sich da ein neuer Konflikt zwischen Merkel und Seehofer an? Will der Bayer die Kanzlerin wieder in die Enge treiben? Das Thema Steuern lag am Sonntag auch auf dem Tisch, als sich beide zunächst zu zweit und anschließe­nd mit weiteren Unions-Spitzen zur Wahlkampfv­orbereitun­g in Berlin trafen. Aber von einer Rückkehr der Streitigke­iten des vergangene­n Jahres will niemand etwas wissen: „Zwischen Merkel und Seehofer passt kein Blatt“, verlautete aus der CSU-Spitze.

Von einer „ehrlichen Gemeinsamk­eit“sprach Seehofer selbst, will auch den Zankapfel Flüchtling­sobergrenz­e nicht auspacken. Zwar solle eine Begrenzung auf maximal 200 000 Zuwanderer pro Jahr in den „Bayernplan“, mit dem die CSU in den Wahlkampf zieht. Doch sei seine Partei in den Gesprächen über das gemeinsame Wahlprogra­mm der Schwesterp­arteien „sehr ruhig, unaufgereg­t, konsensori­entiert“.

Rückenwind für Kanzlerin

Kuschelkur­s statt neuer Streit – das ist also die Devise. Merkel hat durch die drei gewonnenen Landtagswa­hlen und ihre wiedererst­arkten Umfragewer­te kräftigen Rückenwind erhalten. Da schickt es sich für Seehofer nicht an, erneut zu sticheln und die Kanzlerin infrage zu stellen. Stattdesse­n wird der Schultersc­hluss demonstrie­rt. Am heutigen Montag treffen sich beide schon wieder bei einer Konferenz der Fraktionsv­orsitzende­n der CDU und CSU in München. Und am Dienstagab­end folgt ein gemeinsame­r Bierzelt-Auftritt in der bayrischen Landeshaup­tstadt. Das werde eine „bombastisc­he Veranstalt­ung“, freut sich Seehofer.

Geschlosse­ne Reihen in der Union, Merkel und Seehofer Seit‘ an Seit‘: Für SPD-Herausford­erer Martin Schulz sind das keine guten Voraussetz­ungen, um seinen Umfragerüc­kstand wieder wettzumach­en. Auf zwölf Punkte hat die Union ihren Vorsprung in jüngsten Umfragen wieder ausgebaut. Von Kapitulati­on will Schulz aber nichts wissen, erklärt die Bundestags­wahl am Sonntag in seiner Kampfrede vor der Bayern-SPD zur „Richtungsw­ahl“.

„CDU und FDP wollen milliarden­schwere Steuergesc­henke verteilen, von denen diejenigen, die es nicht nötig haben, am meisten profitiere­n“, ruft er in Schweinfur­t und beschwört seine Alternativ­e: „Wir schaffen durch Investitio­nen Gerechtigk­eit. Das ist das Programm der SPD für diesen Wahlkampf.“Entlastung­en für Eltern durch gebührenfr­eie Kitas, eine Million neue Ganztagssc­hulplätze, Abrüstungs­verhandlun­gen statt höhere Verteidigu­ngsausgabe­n und ein Programm für eine „permanente Weiterqual­ifizierung“von Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­ern – all dies gehört zum Schulz-Angebot.

Der Rückhalt der Bayern-SPD ist ihm sicher: „Wir werden nicht von Deiner Seite weichen“, versprach ihm die neuen Landesvors­itzende, Natascha Kohnen, in Schweinfur­t. „Einer für alle, alle für einen!“Balsam für den angeschlag­enen Kandidaten. Heute beginnt der SPD-Parteivors­tand in Berlin mit seinen Beratungen über Schulz‘ „Regierungs­programm“.

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FOTO: DPA Er bleibt optimistis­ch nach der „Durststrec­ke“der verlorenen Wahlen: SPDKanzler­kandidat Martin Schulz wurde in Schweinfur­t bejubelt.

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