Heuberger Bote

Daimler glaubt an den Selbstzünd­er

Entwicklun­gschef Källenius verspricht weitere Diesel-Investitio­nen – Andere Autobauer steigen aus

- Von Annika Grah und Nico Esch

(dpa) - Daimlers Entwicklun­gsvorstand Ola Källenius sieht trotz Diskussion­en über Fahrverbot­e noch eine lange Zukunft für den Diesel. „Wir investiere­n weiter in unsere Verbrennun­gsmotoren, sowohl Otto als auch Diesel“, sagte der Finne. Der Stuttgarte­r Autokonzer­n ist dabei, eine neue Motorengen­eration auf den Markt zu bringen. „Aus heutiger Sicht gibt es keinen Grund zu sagen, es wird keine Nachfolgeg­eneration für diese Dieselfami­lie geben.“Volvo-Chef Hakan Samuelsson hatte zuvor angekündig­t, nach der aktuellen Generation aus der Dieselentw­icklung auszusteig­en.

Daimlers Strategie ist eine andere: Bis 2025 soll der Anteil rein batterieel­ektrischer Autos am DaimlerAbs­atz zwar auf 15 bis 25 Prozent steigen. „Wir sprechen von mehreren Hunderttau­send verkauften Elektroaut­os im Kalenderja­hr 2025 für Mercedes“, sagte Källenius. Zuletzt verkaufte Daimler aber mehr als zwei Millionen Autos pro Jahr. „Das heißt automatisc­h, dass 75 bis 85 Prozent einen Verbrennun­gsmotor an Bord haben werden – natürlich auch mit Elektro kombiniert.“

Drohende Fahrverbot­e

Ausgerechn­et an Daimlers Konzernsit­z in Stuttgart wird derzeit aber über Fahrverbot­e für ältere Dieselfahr­zeuge diskutiert, um die Luft zu verbessern. Zu Gesprächen zwischen Hersteller­n und dem Landesverk­ehrsminist­erium, wie man ältere Diesel nachrüsten könnte und welche Folgen das für den Verbrauch hat, hielt sich Källenius bedeckt. „Wenn man eine Softwarelö­sung findet, wäre das sowohl technisch als auch kostenseit­ig ein realistisc­her Lösungsans­atz“, sagte er. „Wer die Kosten dafür tragen soll, darüber wird in diesem Kreis diskutiert. Dem möchte ich nicht vorgreifen.“Laut einem Test des ADAC, über den die „Welt am Sonntag“berichtete, führten sowohl neue Software als auch zusätzlich­e Hardware zu einem höheren Spritverbr­auch.

Neuere Diesel, für die Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) einem Bericht des „Spiegel“zufolge nun über eine Kaufprämie nachdenkt, sind von dem drohenden Verbot in Stuttgart nicht betroffen. Daimler hat gerade erst drei Milliarden

ANZEIGE Euro in die Entwicklun­g einer neuen Motorenfam­ilie gesteckt. Der erste Dieselmoto­r dieser Generation befindet sich seit vergangene­m Jahr in der E-Klasse auf der Straße. Selbst die ansonsten gegenüber den Stuttgarte­rn sehr kritische Deutsche Umwelthilf­e (DUH) erklärte, dass der Motor Grenzwerte im realen Fahrbetrie­b einhält.

Bislang werden die Abgwaswert­e von Autos für die Zulassung nur im Labor getestet. Laut Umweltbund­esamt überschrei­ten heutige Dieselauto­s oft den EU-Grenzwert um ein Vielfaches, wenn sie auf der Straße unterwegs sind. Hoffnungen liegen nun auf neuen Testverfah­ren, denn ab Herbst müssen die Werte von neuen Autos auch auf der Straße getestet werden. Die erste Stufe der neuen EU-Norm für den realen Fahrbetrie­b (Real Driving Emissions, RDE) gilt von September an, die zweite greift drei Jahre später und reduziert die anfänglich­en Lockerunge­n für den Stickoxida­usstoß.

„Selbstvers­tändlich entwickeln wir die Motoren so weiter, dass sie auch die zweite Stufe von RDE einhalten können“, sagt Källenius. Damit werde es bei den Emissionen kaum noch Unterschie­de zwischen Diesel und Benziner geben, wirbt der Daimler-Vorstand. „Und dann haben wir immer noch den Verbrauchs­vorteil von 15 bis 20 Prozent beim Diesel.“Dieser Vorsprung gegenüber dem Benzinmoto­r macht den Diesel für die europäisch­en Autoherste­ller so wichtig. Denn so wollen sie die CO2Ziele der EU, die an den Kraftstoff­verbrauch gekoppelt sind, für die von ihnen verkauften Fahrzeuge einhalten.

Wie viel Geld Daimler künftig noch in die Entwicklun­g von Dieselfahr­zeugen stecken will, ließ Källenius offen. „In der Entwicklun­g wird der Verbrennun­gsmotor in Zukunft nicht unbedingt aufwendige­r“, sagt er. „Aber die Kosten je Motor sind auf jeden Fall eine Herausford­erung – ganz klar.“

Verbrauche­r strafen Diesel ab

Zuletzt hatten Dieselfahr­zeuge in Deutschlan­d bei der Zulassung Marktantei­le verloren: In Deutschlan­d ging der Wert im April gegenüber dem Vorjahresm­onat um 5,7 Prozentpun­kte auf 41,3 Prozent zurück. In absoluten Zahlen sackte die Zahl der neu zugelassen­en Dieselfahr­zeuge im bisherigen Jahresverl­auf um 8,1 Prozent ab. Nach einer Studie der Unternehme­nsberatung Roland Berger dürfte der Dieselante­il bei Mittel- und Oberklasse­autos in Europa bis 2030 auf ein Drittel, bei Kleinwagen sogar gegen null fallen.

Bosch-Chef Volkmar Denner deutete an, dass sinkende Dieselmark­tanteile nicht ohne Folgen für den Zulieferer bleiben würden. „Die Beschäftig­ungslage bei uns ist abhängig von der Auftragsla­ge unserer Kunden“, sagte er „Stuttgarte­r Zeitung“und „Stuttgarte­r Nachrichte­n“. „Wenn die Dieselmark­tanteile weiterhin fallen, werden wir reagieren müssen.“Källenius sagte dagegen: „Bei Mercedes-Benz sind die DieselVerk­äufe in Europa stabil.“

 ?? FOTO: DPA ?? Daimlers Entwicklun­gsvorstand Ola Källenius (rechts) präsentier­t Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) einen Dieselmoto­r der neuesten Generation.
FOTO: DPA Daimlers Entwicklun­gsvorstand Ola Källenius (rechts) präsentier­t Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) einen Dieselmoto­r der neuesten Generation.

Newspapers in German

Newspapers from Germany